Rezension

Ein Buch was einen auch nach dem Lesen noch beschäftigt

Einer da oben hasst mich
von Hollis Seamon

Bewertet mit 4 Sternen

Der erste Satz
Ich will euch nichts vormachen.
 
Meine Meinung
Inhalt
Richard ist 17 Jahre alt und hat sich mit seinem Schicksal abgefunden. Er wird sterben. Doch anstatt sich hängen zu lassen und einfach zu in den Tag hinein zu leben hat er sich dazu entschlossen, wirklich alles aus der restlichen Zeit zu holen, die ihm noch bleibt. Er lässt sich von seinem Onkel in eine Bar "entführen", hält seine Pfleger auf Trapp und verliebt sich in die ebenfalls schwer erkrankte Sylvie... 

"Ich habe das EDOHM-Syndrom. Es ist ein Akronym." Viele wissen nicht, was ein Akronym ist, aber ich warte immer ein bisschen, bevor ich sie aufkläre: "Ich habe das Einer-Da-Oben-Hasst-Mich-Syndrom."
Seite 15

Charaktere

Richard lässt gern den starken Jungen raus hängen, doch tief in seinem Inneren hat er sehr große Angst vor dem, was noch auf ihn zukommen wird: Der Tod. Er überspielt seine Angst, indem er Witze über das Unvermeidliche macht. Die Gefühle, die er durchlebt haben mich sehr berührt und tief getroffen.

Sylvie ist ein aufgewecktes Mädchen. Sie hat keine Angst zu sterben, denn sie ist der felsenfesten Überzeugung, dass sie die Krankheit besiegen wird. Sie ist so unfassbar stark für ihr Alter, dass ich sie sehr bewundert habe. Sylvie weiß genau was sie will und setzt dies auch durch.

Das alles ist nicht so schlimm. Aber einen ganzen Tag verpassen, so als hätte er gar nicht stattgefunden? Das ist wirklich eine Tragödie.
Seite 208

Gesamt
Richard möchte keine einzige Sekunde die ihm noch bleibt verschwenden und sein restliches Leben in vollen Zügen genießen. Die Gefühle, die er dabei hat, habe ich ihm die ganze Zeit über abgenommen. Tief in seinem Inneren hat er sehr große Angst vor dem Tod, was natürlich auch sehr nachvollziehbar ist, doch diese Ängste zeigt er niemandem, außer Sylvie. Die Emotionen, die die Beiden füreinander haben sind so frisch und so zart wie eine Knospe kurz vorm Erblühen. Ich habe mehrmals einen dicken Kloß im Hals gehabt, bei Stellen wo das Pärchen miteinander spricht, sich berührt, oder ansonsten Zeit miteinander verbringt. Eine solche Art von Liebe ist etwas völlig Neues für sie, doch leider geht es bei ihnen eben niemals darum bis ins hohe Alter zusammen bleiben zu können. Diesen Gedanken hatte ich während des Lesens ständig im Kopf. Er zog sich wie eine dicke schwarze Wolke durch das gesamte Buch. Dabei geht es in diesem Buch eigentlich überhaupt nicht ums Sterben, sondern ums Leben. Weder Richard noch Sylvie haben sich eingeigelt und erwarten nun ihr Ende. Nein, sie unternehmen viel gemeinsam und kosten jede einzelne Sekunde aus.
Ein ganz großes Thema zwischen den Beiden ist ihr "Erstes Mal". Ich musste an einigen Stellen echt lachen, denn in einem Hospiz ist es verständlicher Weise nicht gerade einfach mal für sich sein zu können. Was ihnen einfällt, wie sie es trotzdem irgendwie schaffen können, fand ich wirklich amüsant.
Hinzu kommt, dass ich mich sehr gut mit Richard identifizieren konnte, da er alles aus seiner Sicht erzählt. Außerdem spricht er den Leser auch direkt an, was mir sehr gut gefallen hat.
Neben den Protagonisten haben ebenfalls ganz viele andere Charaktere einen großen Teil in der Geschichte eingenommen. Nehmen wir Richards verrückten Onkel, der ein bisschen crazy ist. Leider fand ich seine Art zu reden manchmal ein bisschen anstrengend, weil es mir so vorkam, als würde er mit einem vier Jahre altem Kind reden und nicht mit einem fast 18-Jährigen jungen Mann.
Den Vogel schießt aber eindeutig seine Oma ab. Sie ist ein so herzlicher und liebevoller Mensch, dass ich sie gleich nachdem sie aufgetaucht ist, sofort gemocht habe. So eine Oma sollte wirklich jeder haben!

Eine Sache gibt es, die mich bis jetzt noch beschäftigt. Und dies ist das Verhalten von Sylvies Vater. Ich möchte unter keinen Umständen spoilern, aber dennoch erklären, warum es mich gestört hat:
Auf eine Art und Weise konnte ich verstehen, wie er in manchen Situationen reagiert hat. Aber auf der anderen Seite empfand ich es als überzogen. Ich kann (und will) mir beim besten Willen nicht vorstellen, das ein erwachsender Mann jemals so handeln könnte, wie er es getan hat. Das war drüber und das ging für mich einfach überhaupt nicht!

Fazit
Mir hat "Einer da oben hasst mich" gefallen. Zwar ist es nicht so emotional gewesen, wie ich eigentlich gedacht habe, dennoch hat mich diese Geschichte total gepackt, was dem tollen Schreibstil der Autorin zu verdanken ist. Sie hat es geschafft mir das Gefühl zu geben, dass Richard seine Geschichte wirklich selbst aufgeschrieben hat. Es hat mich berührt zu lesen, wie ein schwer kranker Junge sein restliches Leben plant und unter keinen Umständen auch nur eine Sekunde verschwenden möchte. Außerdem hat es mich selbst auch nachdenklich gemacht. Ich finde man sollte nicht nur wenn man krank ist sein Leben in vollen Zügen genießen und die Zeit ausnutzen, die man noch hat, sondern ebenfalls, wenn man kern gesund ist. Schließlich kann man nicht wissen, wann es letztendlich einmal vorbei sein wird."Einer da oben hasst mich" handelt davon zu leben und doch wird es die ganze Zeit von der dicken, dunklen Wolke namens "Tod" überschattet.Ich denke, man sollte dieses Buch nicht mit John Greens "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" vergleichen, denn es ist anders. Es ist auf eine andere Art und Weise gut - Und es beschäftigt mich immer noch.
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