Rezension

Ein chaotischer Protagonist, ein kurioses Verbrechen – und jede Menge schräger Humor

Giftrausch -

Giftrausch
von Hendrik Esch

Bewertet mit 4 Sternen

„Giftrausch“ ist bereits Hendrik Eschs zweiter Roman um den Neustädter Rechtsanwalt Paul Colossa – und grandioser Lesespaß für alle, die Kriminalromane mit bissigem Humor schätzen.

Paul Colossa wird engagiert, um einen Bericht über ein Elite-Internat zu verfassen, in dem angeblich Schüler unter Drogen gesetzt werden. Schnelles Geld, denkt sich der pragmatische und teils skrupellose Paul zunächst, und übersieht dabei, dass er ein wichtiger Bestandteil einer größeren Vertuschungsaktion werden soll. Die Presse übersieht das leider nicht, und insbesondere ein Blogger samt Followerschaft schießt sich auf Paul ein, der so vom Regen in die Traufe kommt und irgendwo zwischen Illegalität, Vertragsbuch gegenüber seinem Klienten und Existenzzerstörung durch Online-Trolle hängt. Sein nur mäßig ausgeprägtes Gewissen ist irgendwo auch noch im Spiel.

Paul Colossa ist ein hinreißend unsympathischer Protagonist, der so manchem Rechtsanwalts-Klischee alle Ehre macht, sich jedoch durch das gezielte Aufsuchen von Fettnäpfchen und gefährlichen Situationen irgendwie auch ins Herz seiner Leser*innen zu manövrieren weiß. Seine Liebe zu seinem ebenso problematischen Vorgänger Oscar, dessen Kanzlei er nach seinem Tod übernommen hat, ist bisweilen sogar rührend.

„Giftrausch“ krankt einzig und allein ein wenig an der eigenen Gesprächigkeit. Die Geschichte wird auf über 600 Seiten ausgebreitet, wobei sich der eigentliche Fall kaum weiterentwickelt – ein Großteil dieser substanziellen Seitenanzahl geht für witzige Episoden (gerne auch mal Slapstick!), innere Monologe voller Selbstzweifel und clevere Formulierungen drauf. Diese sind zugleich auch das Herzstück und das Besondere an diesem Kriminalroman, sie nehmen aber bisweilen ein wenig Überhand, was den Lesefluss etwas zäher gestaltet, als das bei anderen Genrevertretern üblicherweise der Fall ist.

Abgesehen von dieser leichten Schwäche ist „Giftrausch“ jedoch ein tolles Lesevergnügen, das immer wieder zum Schmunzeln oder auch zum herzhafte Lachen einlädt.