Rezension

Ein kleines Meisterwerk, bei dem man sich wünscht, es würde nie zuende gehen. Britta Hasler ist einfach eine großartige Erzählerin. Bitte mehr davon!

Das Sterben der Bilder - Britta Hasler

Das Sterben der Bilder
von Britta Hasler

Bewertet mit 5 Sternen

Etwas in diesem Raum beunruhigte ihn zutiefst. Nichts darin schien nach Wien zu gehören, angefangen bei dem schwarzen Dienstmädchen. Jedem Ding, ja dem ganzen Haus schien etwas Fremdes, Fernes und Ungreifbares anzuhaften.
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Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien! Und was für ein Erzähltalent!
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Wien 1905:
Ein unheimlicher Mörder hält die Polizei in Atem. Er tötet seine Opfer nicht einfach, nein, er inszeniert mit ihnen alte Gemälde aus dem kunsthistorischen Museum.
Szenenwechsel:
Julius, mittellos und fast ganz unten, sieht in dem ausgeschriebenen Stellenangebot des Zentralfriedhofs seine letzte Chance wieder etwas Fuss zu fassen. Den Job bekommt er leider nicht, aber auf dem Friedhof durch einen Zufall das Begräbnis seines Vaters mit; einem Säufer, den er mit 16 das letzte Mal gesehen hat. Julius ist mehr als verwundert, als er erfährt, dass dieser - seit Jahren trocken - im kunsthistorischen Museum angestellt war. Noch verwunderter ist er allerdings, als der Kurator ihm den Job seines Vaters anbietet und der anwesende Polizist durchblicken lässt, dass etwas an dem Todesfall ihn stutzig macht....
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Auf eine ausführlichere Inhaltsangabe verzichte ich an dieser Stelle (denn die Geschichte ist so facetten- und genrereich) und spreche dafür eine unbedingte Leseempfehlung aus.
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Britta Hasler verfügt über einen Schreibstil, der den Leser auf der Stelle gefangennimmt und das ganze Buch über nicht wieder loslässt. Der Wortwahl und vor allem auch der Atmosphäre kann man sich nicht entziehen. So schafft sie es z.B: in einem ganz kurzen Abschnitt jemandem das Gefühl zu vermitteln, er stände alleine in einer nebligen, dunklen Gasse, hört etwas atmen und dann sich entfernende, hastige Schritte. Beklemmend, das ist nicht einfach nur lesen, sondern fühlen! Es gibt nur wenige Autoren, die das aus dem Stehgreif vermögen.
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Die Charaktere haben alle sehr ausgeprägte Persönlichkeiten, undurchsichtig, aber durchaus authentisch. Auch wenn mir persönlich die zweite Frauenrolle (die der Johanna) etwas zu stark für die damalige Zeit war, blieb sie sich selbst doch durchgehend treu und das wiederum hat mir sehr gefallen.
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Die Story an sich ist unheimlich spannend, mysteriös und atmosphärisch sehr dicht. Man hat das Gefühl, sich im alten Wien zu bewegen, die Schauplätze sind interessant und gut gewählt. Was mir auch sehr gefallen hat, auf der Homepage der Autorin sind alle Bilder (wie z.B. Rubens "Haupt der Medusa") zu finden. Man muss bei Interesse also nicht jedes einzeln googlen und ich kann nur empfehlen, auch die dazugehörigen Gemälde auf sich wirken zu lassen.
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Fazit: Ein kleines Meisterwerk, bei dem man sich wünscht, es würde nie zuende gehen. Britta Hasler ist einfach eine großartige Erzählerin. Bitte mehr davon!