Rezension

Ein Roman, der ans Herz geht

Die Zeit der Kinder -

Die Zeit der Kinder
von Lena Riess

Bewertet mit 5 Sternen

Kindergärten sind heutzutage etwas alltägliches, und das nicht nur in Deutschland, sondern in vielen weiteren Ländern. Wahrscheinlich haben die meisten von uns einen besucht, dort Freundschaften geschlossen und schöne Erinnerungen daran. Doch, wer die Idee hatte, Kindergärten einzurichten, überhaupt eine besondere Bildung für kleine Kinder zu entwickeln, das wissen wahrscheinlich viele nicht. In diesem Roman lernen wir ihn, Friedrich Fröbel, seine Ideen und seine Mitstreiter:innen kennen.

Zur Zeit Fröbels, der 1782 geboren wurde, war Kindheit etwas eher weniger angenehmes. Kinder sollte man weder hören noch sehen, und jedes kleine Fehlverhalten wurde mit Schlägen bestraft. Auch Friedrichs Kindheit war alles andere als schön, zumal er sehr früh seine Mutter verloren hatte. Doch er war auch ein aufgewecktes Kind, das die Natur liebte und vielseitige Interessen hatte. Er vergaß nie, wie unglücklich er als Kind war, und wie sein damaliges Leben hätte schöner sein können. Schließlich hat er seine eigenen Ideen zu Menschenbildung entwickelt, die er zunächst unter anderem in einer von ihm gegründeten Schule anwandte. Leider wollte die Obrigkeit gehorsame Untertanen, keine gebildeten, freiheitlich denkenden, und so hatte er auch immer Probleme mit ihr.

Friedrichs Perspektive, die vor allem rückschauend erzählt wird, ist nicht die einzige des Romans, es gibt noch zwei weitere. Eine davon ist die Luise Levins, die leider auch erleben muss, dass der kindliche Geist unterdrückt wird, so dass wenig Freude übrig bleibt. Sie landet zunächst 1845 als Haushälterin in Fröbels Schule, zwischen den beiden entwickelt sich eine besondere Beziehung.

Marieke wächst in ärmlichsten Verhältnissen in Hamburg auf, und lernt dort die Kinderverwahranstalten in doppelter Weise näher kennen. Als Kind muss ihre Mutter sie während der Arbeitszeit dort unterbringen, zu dieser Zeit werden die Kinder dort im wahrsten Sinne des Wortes nur verwahrt. Später arbeitet Marieke selbst dort, inzwischen werden die Kinder durchgehend mit meist eher weniger sinnvollen Tätigkeiten beschäftigt, auch hier sind körperliche Bestrafungen an der Tagesordnung. Marieke versucht dagegen an zu arbeiten, muss aber schließlich aufgeben. Als sie von Fröbel und seinen Ideen erfährt, macht sie sich auf den Weg zu ihm.

Der Autorin ist ein wunderbarer, ans Herz gehender Roman gelungen, der mir nicht nur den Pädagogen Friedrich Fröbel und dessen Werk näher gebracht hat, ich habe mich auch mit ihm sehr wohlgefühlt. Er ist eine Persönlichkeit, die ich gerne kennen gelernt hätte. Und auch Luise und Marieke mochte ich sofort, und habe mit ihnen mitgefühlt.

Erzählt wird über einen größeren Zeitraum. Man startet mit Fröbel 1788, die Geschichte Luises beginnt 1842, Mariekes 1833. Es gibt dadurch immer einmal wieder Zeitsprünge, da diese in der Regel auch Perspektivewechsel sind, und grundsätzlich mit der Zeit- und Ortsangabe eingeleitet werden, sollte man aber gut folgen können, ich hatte keinerlei Probleme. Interessant ist auch der historische Hintergrund, der vor allem auch das Menschenbild und das soziale Leben jener Zeit betrachtet.

Im Anhang gibt es ein sehr ausführliches Nachwort der Autorin, die darin auch über Fiktion und Fakten schreibt, sowie ein Personenregister, das nähere Angaben zum jeweiligen Charakter macht, und ein Verzeichnis der wichtigsten Quellen. Diesen Anhang sollte man unbedingt auch lesen.

Dieser wunderbare und ans Herz gehende Roman wird bei mir noch lange nachhallen. Ich wünsche ihm viele Leser:innen und empfehle ihn selbstverständlich uneingeschränkt weiter.