Rezension

Ein super recherchierter Polit-Thriller, der mir an viele an Stellen unter die Haut geht! Allerdings sehr komplex & daher manchmal etwas zäh

Die Akte Rosenrot - Astrid Korten

Die Akte Rosenrot
von Astrid Korten

Bewertet mit 4 Sternen

Ich bedanke mich auf diesem Wege noch mal bei der lieben Autorin Astrid Korten, die mir zu meinem Gewinn von "Die Dornen des Bösen" noch den Vorgänger "Die Akte Rosenrot" als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat. Das war eine sehr liebe Geste und so durfte ich den Protagonisten Ibsen schon mal vor der anstehenden Leserunde zu "Die Dornen des Bösen" kennen lernen :) 
Die Autorin war mir bislang noch unbekannt, ich "kannte" sie bisher lediglich nur vom Hörensagen und war sehr gespannt, was mich erwarten würde. Selbstverständlich wird meine persönliche Meinung durch die Schenkung beider Bücher nicht beeinflusst.

Der Thriller handelt von dem Profiler Ibsen Bach, der seit einigen Jahren nicht mehr der Selbe ist. Ein schwerer Unfall nahm ihm nicht nur die Frau, sondern auch Teile seiner Erinnerungen und Fähigkeiten. Als er dann zu einem Tatort beordert wird, bei dem ein persönlicher Brief an ihn adressiert aufgefunden wird, wird ihm klar, dass dieser Fall etwas mit einer Reihe von Morden aus der Vergangenheit zu tun haben muss und Ibsen sieht sich gezwungen etwas, trotz (oder auch gerade wegen) seiner misslichen Lage, zu unternehmen. Aufgrund der Involviertheit wird Ibsen wieder in den aktiven Polizeidienst zurückgeholt, er arbeitete seit dem Unfall nämlich fortan nur noch als Datenpfleger... das ist nun seine Chance den Dingen auf den Grund zu gehen und seinen Erinnerungen auf die Sprünge zu helfen. Wie sehr steckt er da selber mit drin?! Außerdem bekommt er an anderer Stelle Unterstützung, die Russin Leonela Sorokin stößt nämlich auf eine heiße Fährte, deren Spur sich mit Ibsens Fall verläuft...

Astrid Korten berichtet hier aus den verschiedensten Sichtweisen. Dadurch lerne ich als Leserin viele involvierte Personen kennen. Hauptaugenmerk liegt aber auf Ibsen selbst, aus dessen Sicht in der Ich-Perspektive im Präsenz berichtet wird, während alle anderen Protagonisten ihre Stimme in der dritten Person im Präteritum bekommen. Allerdings wird Leonela hier auch bevorzugt behandelt und stellt eine weitere Hauptfigur in der Geschichte dar. Allen weiteren Ermittlern und Verdächtigen wird nur eine kleinere Rolle zuteil, die sich maximal zwei, drei mal im gesamten Buch wiederholt. Das ist stimmig und gut durchdacht. Jedoch muss ich sagen, dass ich so meine Schwierigkeiten hatte, sämtliche Personenkonstellationen und Gruppierungen zu überschauen. Hier wird nicht nur mit mehreren russischen Namen um sich geworfen, auch in Deutschland kann ich die involvierten Personen nicht an einer Hand abzählen. Bei so einer breiten Masse ist die Konzentration gefragt! Nach und nach gelingt es mir aber, einen Überblick zu bekommen und da auch ein paar Figuren "wegsterben", wird der Kreis der wichtigen Personen sowieso ausgedünnt, so hart es auch klingt :D

Ibsen Bach ist ein spannender und interessanter Charakter, auf den ich mich auch im Nachfolgeband freue. Er ist schwer zu durchschauen und führt sehr viele Selbstgespräche mit sich, selber auf der Suche nach seinem wahren Ich. Das ist authentisch und hilft mir dabei, mich in ihn einzufühlen. Ob er nicht aber doch Dreck am stecken hat, ist mir lange nicht klar. Weder bei ihm, noch bei Leonela, die auf jeden Fall auch eine erstaunliche Persönlichkeit hat. Und nicht nur sie, die Autorin erschafft hier einige ausgeklügelte Figuren, deren Charakterentwicklungen spannend zu verfolgen sind! Lange tappe ich im Dunkeln, wem hier wirklich zu trauen ist.

Die Story ist wahnsinnig gut recherchiert und weist sogar einige Quellenangaben am Ende auf, das finde ich bemerkenswert und erstaunlich. Großes Lob für die ganze Mühe, alles ergibt hier Sinn und ist durchdacht und mit einem roten Faden durchzogen. Da ich in politischer Hinsicht allerdings nicht sehr bewandt bin und mich auch im Allgemeinen einfach weniger dafür interessiere, habe ich allerdings an manchen Stellen an den Geschehnissen zu knacken, muss mal Dinge googeln oder Revue passieren lassen und das macht das Lesen weniger zu einem Genuss und mehr zu einer Herausforderung. Auch nicht schlecht, aber definitiv nichts für "nebenbei". Politisch interessierte oder sogar engagierte Menschen werden hier sicher mehr auf ihre Kosten kommen. Insgesamt werde ich aber gut unterhalten und verstehe die meisten Zusammenhänge gen Ende der Geschichte. Ein paar Dinge werden sich sicher noch in "Die Dornen des Bösen" aufklären, denn die Geschichte rund um Ibsen Bach geht weiter! Meine Neugier ist geschürt!

Der Schreibstil ist hier sehr bildgewaltig und abwechslungsreich, sodass ich doch recht zügig durch die vielen Seiten gelange und das Buch dank vieler Wendungen und Spannungsmomente schnell auslese. Alle Gedankengänge bzw. Selbstgespräche und auch die Briefe sind hier durch kursive Auszeichnungen hervorgehoben, sodass sie sich super vom eigentlichen Geschehen (in normalem Fließtext) differenzieren lassen. Die Dialoge sind oft flott, dynamisch und manchmal auch sarkastisch geprägt und sorgen dafür, dass die Figuren Stück für Stück ans Herz wachsen. 

"Die Akte Rosenrot" ist ein gelungener, komplexer Thriller, der nach und nach immer mehr Enthüllungen an das Tageslicht bringt! Ich vergebe eine klare Lese- und Kaufempfehlung und 4 Sterne ****