Rezension

Ein unerwartet emotionales Buch!

Bienensterben - Lisa O'Donnell

Bienensterben
von Lisa O'Donnell

Bewertet mit 4 Sternen

 

Eugene Doyle. Geboren am 19. Juni 1972. Gestorben am 17. Dezember 2010 im Alter von achtunddreißig Jahren.

 

Isabel Ann Macdonald. Geboren am 2. Mai 1974. Gestorben am 18. Dezember 2010 im Alter von sechsunddreißig Jahren.

 

Heute ist Weihnachten. Heute hab ich Geburtstag. heute werd ich fünfzehn. Heute hab ich meine Eltern im Garten begraben. Geliebt wurden sie beide nicht.

S. 7

 

Mit diesen schonungslosen Worten eröffnet der Prolog das Buch.

 

Izzy hat gesagt, ich wäre winzig gewesen bei der Geburt, ein Frühchen, das schnell auf die Intensivstation musste, und da hab ich neun Wochen unter einer Plastikhaube gelegen und Gene und Izzy haben mich durch das Plexiglas angeguckt. Der sicherste Ort, an dem ich je war.

S. 12

 

Ihrer Kindheit beraubt muss die fünfzehn jährige Marnie schon lange schauen, wie Sie sich und ihre zwölf jährige Schwester Nelly durchs Leben bringt. Und das nicht erst seit dem Tod ihrer Eltern. Das kommt als "nettes Extra" einfach auf ihren großen Haufen an Problemen noch oben drauf. Damit die beiden nicht getrennt werden, vergraben sie ihre Eltern nachts im Garten. Es muss nur ein Jahr funktionieren und geheim bleiben. Denn dann ist Marnie 16 und damit volljährig, so dass Sie sich offiziell um ihre Schwester kümmern kann!

Doch kann das wirklich gut gehen? Wieviel Leid und Geheimnisse kann ein junges Herz ertragen? Langsam aber sicher tickt Nelly wegen dieser Heimlichkeiten aus... und der Nachbar hat einen Hund der gerne buddelt...

 

 

Beständig wird die Geschichte aus verschiedenen Sichtweisen erzählt. Den Anfang macht Marnie, ihre Erzählungen sind ausführlich, nüchtern und mit schwarzem Humor behaftet. Sie ist taff oder muss es viel mehr sein, um zu Überleben. Ein Kind ohne wirkliche Kindheit. Zwischen den Zeilen entdecken wir nach und nach ihre verletzliche Seite. Zwischendrin bekommen wir Nellys Gedanken zu lesen. Meist kurz, kindlich/naiv und von Alpträumen befleckt. Sie ist eine talentierte Geigenspielerin, hat ihre eigene Art. Schon allein deswegen eckt sie permanent mit ihrem Glasgower Umfeld an, in das sie nicht passt und ebenso sich nicht anpassen kann und will.

Auch der Nachbar, Lennie, kommt zu Wort. Ihn verfolgt der Ruf, ein Pädophiler zu sein. Nach anfänglichem Beobachten schreitet er nach und nach in das Leben der beiden Mädchen. Vom Schicksal zusammengewürfelt erfahren alle drei was Sie so lange gesucht und vermisst haben. Doch Lennie ändert sich nach und nach, was auch Auswirkung auf die beiden Kinder haben wird!

 

Eindringlich wird die Geschichte dieser drei Protagonisten erzählt. Beleuchtet wird das Umfeld zu dem Sex, Drogen und Kriminalität gehört und das auf sozialen Problemen basiert. Intelligent werden Vorurteile ausgehebelt, Gedanken angeregt. 

 

Unerwarteter Weise hatte ich beim Lesen einen Kloß im Hals. Sogar feuchte Augen. Gerade der Bezug zur Realität, macht die Geschichte und die Schicksale glaubwürdig und authentisch.

 

"Sie haben sich einfach nie wegen irgendwas blicken lassen, und immer blieb alles an mir hängen, und an Nelly, als sie alt genug war. Sie waren nie für uns da, sie waren abwesend, aber wenigstens wissen wir jetzt, wo sie sind."

S. 15