Rezension

Man würde ihnen so sehr wünschen, dass endlich alles gut wird…

Bienensterben - Lisa O'Donnell

Bienensterben
von Lisa O'Donnell

Bewertet mit 4 Sternen

Zum Inhalt: Es ist Weihnachten, als die fünfzehnjährige Marnie und ihre drei Jahre jüngere Schwester Nelly ihre beiden Eltern im Garten vergraben. Ihre Eltern, die nie für sie da waren, die sie vernachlässigt und missbraucht haben, die das Geld lieber für Drogen und Alkohol ausgegeben haben, anstatt dafür zu sorgen, dass ihre Töchter ein Mittagessen bekamen. Traurigkeit ist bei den Schwestern somit nicht das vorherrschende Gefühl an diesem kalten Wintertag. Es stehen dringlichere Fragen an: womit am besten die Flecken, die die Leichen hinterlassen haben, beseitigen? Wie den üblen Geruch loswerden, der das ganze Haus durchzieht? Wie das Verschwinden der Eltern erklären? Und wovon die Miete bezahlen?

Während die beiden Mädchen diesen Problemen zunächst allein begegnen, finden sie in ihrem zurückgezogen lebenden Nachbarn Lenny nach und nach Unterstützung, einen Anlaufpunkt, schließlich sogar eine Art Ersatz-Zuhause. Lenny, der nach dem Tod seines Lebensgefährten Joseph, und nach einem unerfreulichen Zwischenfall mit einem (auch für ihn) schockierenderweise noch minderjährigen Stricherjungen im Park, der ihm in der Nachbarschaft den Ruf eines alten Perverslings eingebracht hat, sehr einsam ist, genießt es, wie sich mit den beiden Mädchen sein Haus wieder mit Leben füllt, wieder jemanden zu haben, um den er sich kümmern kann.

Doch mehr und mehr ahnt er, wie groß die Aufgabe ist, die Mädchen vor sich selbst zu beschützen, und dass ihre Eltern vermutlich auch nicht mehr zurück kommen werden…

Eigene Meinung: Das Buch, welches ein Jahr im Leben von Marnie und Nelly wieder gibt, ist in fünf Teile unterteilt – Winter, Frühling, Sommer, Herbst und wieder Winter. Jeder Teil gliedert sich in zumeist sehr kurze (z.T. nur eine halbe Seite lange) Kapitel, in denen die Geschehnisse abwechselnd aus der Sicht von Marnie, Nelly oder Lennie wiedergegeben werden. Diese Aufteilung und die Sprache haben mich sehr schnell in das Buch hineinfinden lassen. Die Autorin verwendet für jede der drei erzählenden Figuren eine sehr eigene Sprache, die die Figuren sehr greifbar und lebendig werden lassen, und mir hat gut gefallen, wie oftmals erst durch die Erzählungen aller drei Erzähler die Handlung greifbar wurde, wie sich die Sichtweisen der unterschiedlichen Personen zu einem Gesamtbild verwoben haben. Aufgrund der über weite Strecken des Buches vorherrschenden, sehr jugendlichen Umgangssprache, hat das Buch auf mich eher wie ein Jugendbuch gewirkt. Dabei muss man allerdings sagen, dass die Geschichte selbst ganz schön krass ist - die Lebensumstände von Marnie und Nelly werden schonungslos erzählt und haben mich mit dem Gefühl zurück gelassen, dass das teilweise bizarre Verhalten der beiden Schwestern in Anbetracht des Lebens, das sie bisher geführt haben, doch immer noch den Umständen entsprechend recht normal ist. Die Geschichte blieb für mich von vorne bis hinten spannend, da sich die Spirale der Ereignisse immer enger drehte und sich die Situation für Marnie und Nelly immer mehr zuspitzte. Das vorherrschende Gefühl beim Lesen war dann auch die Frage, wie das alles bloß enden soll… Und die ganze Zeit über habe ich Marnie und Nelly, die schon so viel durchgemacht haben im Leben, und offensichtlich bisher nichts anderes gelernt haben, als ihr eigenes Leben noch komplizierter zu machen, als es ohnehin schon ist, gewünscht, dass es sich für sie endlich zum Guten wenden möge, dass sie die Chance haben, irgendwo anzukommen und eine Art Wiedergutmachung für die Vergangenheit bekommen.

Das Ende hat für mich ein bisschen zu viel offen und mich mit der Frage „und was jetzt?“ zurück gelassen, was ich prinzipiell nicht so gern mag. Dennoch bekommt dieses berührende und authentische Buch vier Sterne von mir.