Eine Achterbahn der Gefühle
Cover:
Die Art des Covers ist so wunderschön und passt gar nicht zu dem doch sehr heftigen Inhalt. An sich mag sich so etwas nicht, aber der Gegensatz macht es bei diesem Buch sehr interessant.
Meinung:
Schon der erste Jugendthriller von Janet Clark „Schweig still süßer Mund“ hat mir sehr gut gefallen. Es gibt sicherlich härtere Versionen eines Thrillers, als diese beiden, aber für mich ist das genau richtig so gewesen.
Sina ist vor kurzem mit ihrer Familie von Berlin nach Kranbach umgezogen und hat es sehr schwer, sich in die spießige Dörflichkeit einzuleben. In der Schule findet sie nicht so richtig Anschluss und eigentlich ist da nur Rik, aus dem Basketballteam, mit dem sie wirklich gut kann. Als er bei ihrem ersten Date jedoch verunglückt und ins Koma fällt, fängt der Spießroutenlauf eigentlich erst an…
Das Buch war schrecklich und schön zugleich. Es dauert ein wenig, bis die Handlung wirklich in Fahrt kommt, aber das fand ich in diesem Fall wichtig. Der Leser braucht Zeit, um Sina kennenzulernen, zu erfahren, warum ihr Familienleben alles andere als einfach ist, wie genau ihre Rolle in diesem Zusammenhang ist und vor allem muss man verstehen, welche Konsequenzen der Umzug für jemanden hat, der jung ist, mitten im Abi steckt und von der Großstadt in ein „Kaff“ zieht. Meine Sympathie lag dadurch ganz klar auf ihrer Seite. Ich konnte mich in Sina einfühlen, sie verstehen und habe mit ihr gelitten, gelacht und gerätselt. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn man sofort ins Geschehen geworfen wäre.
Das Thema Mobbing fängt langsam an. Wie es auch in der Realität ist. Sina schliddert ungewiss in diese Situation, kann nichts dagegen unternehmen und das hat nichts damit zu tun, dass sie Bellas naives Gen geerbt hat, sondern dass es wirklich so ist. Die Intrigen, die rund um Sina gesponnen werden, fand ich so unglaublich gemein, brutal und abstoßend, dass ich Sina am liebsten erlösen wollte.
Man hat in unregelmäßigen Abständen Einblicke in die Sichtweise von einer der Täterinnen, was ich sehr gut fand. Man weiß nicht wirklich, welche der Mädchen es ist, erfährt aber von ihren intriganten Spielchen und den Abgründen, die sich in den guten bürgerlichen Häusern auftun. Gleichzeitig wird aber nicht so viel verraten, dass man weiß, was auf Sina zukommt, wodurch die Spannung sich noch einmal mehr erhöht.
Auch in gewissen Abständen erhält der Leser Einblicke in ein Tagebuch. Darüber werde ich nicht zu viel verraten, da das Aha-Erlebnis zu schön war. Es ist grauenvoll, die geschilderten Qualen mitzulesen und gleichzeitig war es schriftstellerisch so geschickt gemacht, dass das Buch allein durch diesen kleinen Zusatz noch mehr an Qualität gewonnen hat, weil das so durchdacht und toll war, wie diese Handlungsstränge nebeneinander herliefen.
Ich hatte Angst, dass das Thema Mobbing sehr oberflächlich behandelt wird, aber das war nicht so. Es ist genauso, wie man es NICHT aus Film und Literatur kennt, sondern wie es REAL ist. Das war für mich das grausamste. Ich möchte nicht wissen, an wie vielen Schulen so etwas zur Wirklichkeit wird und denke, dass dieses Buch sehr gute Aufklärungsarbeit diesbezüglich leisten könnte. Mir hat jedoch gefehlt, dass keiner der Lehrer eingegriffen hat, dass sie alle ihre Augen und Ohren dagegen verschlossen haben, was leider wahr ist, aber dennoch nicht das beste Verhalten aufzeigt... Am Ende wurde das kurz erwähnt, aber es war mir zu oberflächlich.
Über die diversen Intrigen und Verstrickungen möchte ich nichts sagen. Es war sehr gut gemacht, gut ineinander verzahnt, sodass ich selber manchmal nicht mehr wusste, wer Freund oder Feind ist.
Das Ende fand ich der Handlung angemessen und wünsche mir von Herzen, dass es in der Realität oft auch genauso ausgeht. Das wäre toll.
Fazit:
Das Buch hat mich gepackt. Abgestoßen. Fasziniert. Schockiert. Mitgerissen. Fassungslos gemacht. Man war machtlos, wütend und hatte Angst. Dieser Thriller ist eine Achterbahn der Gefühle und jeder, der Mobbing schon mal mitbekommen hat, als Opfer oder Außenstehender oder als Täter, weiß, wie tiefgehend das greifen kann. Diese Folgen werden hier sehr gut beschrieben und allein deswegen sollte man das Buch lesen. Absolute Empfehlung!