Rezension

Eine einmalig brillante Schriftstellerin !

Ein falsches Wort
von Vigdis Hjorth

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
Als Bergljot und ihr Bruder davon erfahren, dass die beiden Ferienhäuser an ihre beiden Schwester vererbt werden sollen, werden die Furchen in der Familie der Geschwister immer größer und dass obwohl diese schon seit Jahrzehnten einer Kluft gleichen. Doch durch die Erbstreitigkeiten kommen bei Bergljot und ihrem Bruder die vergangenen Zeiten zurück in die Gegenwart, mehr als diese bereits an Raum einnahmen. Und während die beiden Schwestern Astrid und Åsa ihre ganz eigene Wahrheit bzgl. der Kindheit haben und mit allen Mitteln versuchen, die Familie in einem Trugbild zu vereinen ohne auf ihren Vorteil zu verzichten. Werden bei Bergljot die Geister ihrer Kindheit immer präsenter und sie muss sich immer mehr eingestehen, dass die Schrecken des Lebens in der eigenen Familie begründet liegen.

Meine Meinung:
Dies ist mein erstes Buch der norwegischen Schriftstellerin Vigdis Hjorth und sicherlich nicht mein letztes. Denn in dem Roman "Ein falsches Wort" ergründet die Autorin die Abgründe innerhalb einer Familie, welche zwischen der Erforschung von Lüge und Wahrheit stehen, welche von dem unheimlichen Drang der Verdrängung und der Eifersucht geprägt ist. Dies macht die Autorin auf eine Art, wie ich sie persönlich noch nie in so glänzender literarischer Manier gelesen habe.

Sie wählt dabei eine ganz präzisen und schlichen, dennoch melodisch klangvollen Stil, der nie emotional überladen ist, sondern authentisch wirkt. Dabei transportiert sie in ihrer Sprache die Kargheit und Tristesse der Familiengeschichte perfekt und erschafft damit ein stimmiges virtuoses Bild. Durch das Stilmittel der sprachlichen Redundanz, indem sie einzelne Satzfragmente oft hintereinander verwendet, macht sie sich dieses als Veranschaulichung der eigenen Gefangenheit in den Gedanken über die Geschehnisse eines ganzen Lebens, ihrer Protagonistin, zu eigen und macht dabei deutlich wie prägend und drastisch die Kindheit dieser war.

Dennoch wird die Autorin nie wertend und lässt für den Leser auch die Anschauungen und das Verständnis der Geschwister zu Wort kommen und deren Sicht auf ihre Vergangenheit. Und trotzdem ist Hjorth dabei absolut schonungslos, drastisch ehrlich und spart nicht damit ihre Figuren mit einer unnachgiebigen Klarheit zu zeichnen, die einem jeden von uns den Spiegel familiärer Beziehungen und Abgründe vorhält, wenn auch hoffentlich nicht in ähnlich Dramatik und Schrecken.
Dass sie dafür mit ihrer sprachlichen und stilistischen Raffinesse oft nur wenige Worte und Sätze benötigt, die aber wie ein scharfes Messer schneiden, zeigt welch große Autorin sie ist.

Mein Fazit:
Ein Buch das uns lehrt, wie Familie auch im größten Streit verbindet, auch über die Grenzen des eigenen Wollens und Strebens danach hinweg. Wenn es auch nur ist, um bereits lang verlorene Kämpfe, erneut auszufechten. Das uns zeigt, wie tief die Furchen der Vergangenheit sind, wie zu tiefst abgründig die familiären Beziehungen sein können. Wie hoch der Wunsch und die Angst vor Versöhnung und Vergebung sein können und wie einfach es ist, sich hinter dem Konstrukt einer nach außen funktionierenden Fassade zu verstecken, wenn auch das Gebilde in Schutt und Asche liegt.

Ein faszinierendes und literarisch brillierendes Buch einer Autorin, die hypnotisch und psychologisch feinfühlig eine Geschichte erzählt, die wertvoll ist und im Leser lange nachhallt und dessen bedrückende Atmosphäre manchmal schwer zu ertragen ist.

Ein brillantes Buch und eine ebenso brillante Schriftstellerin!!