Rezension

Eine Reise in die Vergangenheit, auf der Suche nach der eigenen Identität

Der stete Lauf der Stunden - Justin Go

Der stete Lauf der Stunden
von Justin Go

Bewertet mit 3 Sternen

In "Der stete Lauf der Stunden" begleitet der Leser den jungen, amerikanischen Studenten Tristan Campbell auf eine Reise quer durch Europa, auf der Suche nach den Spuren seiner eigenen Vergangenheit.
Als Tristan eines Tages einen Anruf von einer englischen Anwaltskanzlei bekommt, traut er kaum seinen Ohren. Der Bergsteiger Ashley Walsingham vermachtete seiner damaligen Liebe Imogen Soames-Andersson in den 1920er Jahren ein gewaltiges Erbe. Da Imogen das Erbe jedoch nie antrat, soll es nun auf ausdrücklichen Wunsch Ashleys an Imogens direkten Nachkommen übergehen, und angeblich soll Tristan ihr Urenkel sein! Doch bevor Tristan in den Genuss seines unerwarteten Erbes kommt, muss er beweisen, dass er wirklich der Urenkel Imogens ist, und dies erweist sich als äußerst kompliziert. Tristan bleiben lediglich zwei Monate, um die entscheidenden Beweise seiner Verwandtschaft zu finden. Seine Reise führt ihn nach London, Paris, Berlin und über Schweden nach Island. Doch obwohl er unterwegs vielen interessanten Menschen begegnet und immer mehr über das Leben von Ashley und Imogen erfährt, scheint er dem Erbe kaum näher zu kommen ...

Geschickt verknüpft Justin Go in seinem Debütwerk zwei Zeitebenen. Einerseits die Geschichte um Tristans Suche nach der eigenen Identität und seinem Versuch, Beweise für die Verwandtschaft zu Imogen zu finden. Andererseits erhält der Leser parallel durch zahlreiche Rückblicke einen direkten Einblick in die Liebesgeschichte von Imogen und Ashley, die sich zur Zeit des 1. Weltkriegs abspielt.

Leider verspricht der Klappentext jedoch mehr, als das Buch halten kann. Denn "das große Abenteuer Liebe" und den "immer stärker werdenden Herzschlag" habe ich vergeblich gesucht. 

Die Sprache des Romans ist sehr nüchtern und erinnert beinahe an den Stil einer sachlichen Dokumentation. Dies bewirkt einerseits, dass man ganz genaue, detailreiche Beschreibungen von Orten erhält und dem Protagonisten bei seiner Reise sozusagen über die Schulter schauen kann. Man fühlt sich folglich direkt an die jeweiligen Orte versetzt, selbst wenn man sie selbst noch nicht besucht hat. Es wird deutlich, dass der Autor die beschriebenen Länder selbst besucht hat und seine umfangreichen Nachforschungen sind wirklich bewundernswert. Insbesondere Ashleys Zeit als Offizier an der Front ist eindrucksvoll und erschreckend zugleich und stellt die Kriegserlebnisse überzeugend dar. 

Auf der anderen Seite jedoch kommen die Emotionen und Beweggründe der Charakter viel zu kurz. Es besteht eine gewisse Distanz zu Tristan, Imogen und Ashley, die leider während des ganzen Romans bestehen bleibt. Stellenweise wurde mir die Geschichte doch recht zäh, weil ich keinen richtigen Zugang zu den Figuren bekommen habe, die eher blass im Hintergrund verbleiben.

Insgesamt ist die Geschichte durchaus gelungen für ein Debüt, insbesondere das Ende, nach dem jedoch noch einige Fragen offen bleiben, hat mir persönlich gut gefallen. Die Thematik an sich fand ich sehr spannend und interessant, die Umsetzung der Figuren ist jedoch leider nicht so gut gelungen und noch ausbaufähig.