Rezension

„Eine zum Leben erwachte Legende war sie.“

Die Meerjungfrau von Black Conch -

Die Meerjungfrau von Black Conch
von Monique Roffey

Bewertet mit 5 Sternen

 

"Die Meerjungfrau von Black Conch" ist eine märchenhafte Geschichte, die von Liebe, Gier, großer Einsamkeit, Eifersucht und der Verbannung auf Ewigkeit handelt. 
Der 65-jährige David Baptiste schreibt in seinem Tagebuch lebendig von seinen Erinnerungen an den Sommer 1976, als er sich in eine Meerjungfrau wie aus einer anderen Zeit verliebte. Auch die Meerjungfrau Aycayia gibt kurze Einblicke in ihre Gedanken, die wie ein lyrischer Singsang klingen. Abgesehen von diesen beiden Ich-Perspektiven, wird die Geschichte in elf Kapiteln überwiegend aus distanzierter Sichtweise erzählt, was den anderen Figuren, wie der resoluten Miss Rain und ihrem gehörlosem Sohn, genügend Raum gibt. 

Der Schreibstil ist eigenwillig und originell - manchmal etwas derb, manchmal poetisch. Die Übersetzerin schreibt in einer Nachbemerkung von dem besonderen Klang und der Herausforderung der Dialekte bei der Übersetzung. Das macht die Geschichte besonders, erfordert aber Konzentration bei Lesen. 
„Sie war zu mir gekommen, um mir beizubringen, wie ich mein Herz gib und nicht bloß mein Gemächt, wie ich ein besserer Mensch werde als vorher. Ich war hin und weg von ihr und hatte auch Schiss, denn die war nicht zufällig eine Meerfrau geworden.“ 

„Meerjungfrauen gibt es nicht, oder? Sind das nur Legenden, Überlieferungen, Überbleibsel aus alten Zeiten?“ Solche Sätze tragen diese Geschichte spielerisch in die Moderne, im Kontrast zu dem mystischen Fluch, der 1976 die karibische Insel und Black Conch heimsucht. Die Autorin hat sich von Ernst Hemingway, Gabriel García Márquez und Pablo Nerudas inspirieren lassen, wie sie in einer Nachbemerkung erläutert. Diese vielseitige Mischung und die steigende Spannung haben mir am besten gefallen. Die bildhaften Beschreibungen und Einblicke in Davids Gefühlswelt, die Gedanken dazu, warum Frauen sich gegenseitig Leid zufügen und die kleinen Wendungen und Vorahnungen, die aus dem Ende kein Geheimnis machen. 

Fazit: Ein außergewöhnlicher Roman, gefühlvoll, mystisch, feministisch und mitreißend geschrieben. Aus meiner Sicht sehr lesenswert. Ich werde die Geschichte nicht so schnell vergessen.