Rezension

Elisabeth Herrmann hat den Deutschen Krimipreis wirklich verdient!

Das Dorf der Mörder - Elisabeth Herrmann

Das Dorf der Mörder
von Elisabeth Herrmann

Bewertet mit 5 Sternen

Wer auf der Suche ist, nach einem wirklich fesselnden und ausgesprochen intelligent konstruierten Psychothriller, den man bis zum wirklich großartigen Showdown nicht mehr aus der Hand legen mag, dem empfehle ich wärmstens „Dorf der Mörder“ von Elisabeth Herrmann zu lesen: ein gnadenlos spannendes Buch, und das obwohl es zu weiten Teilen in einem abgelegenen, fast verlassenen Dorf irgendwo in Brandenburg spielt.

 

Der Mord, um den es geht geschieht allerdings in Berlin: Im Tierpark Friedrichsfelde entdecken ausrechnet Kindergarten-Kinder in einem der Gehege die Überreste eines menschlichen Körpers. Kein schöner Anblick, denn die Pekaris, fleischfressende südamerikanische Wildschweine, die das Gehege bewohnen, haben es sich schmecken lassen.

Wie die rasch durchgeführte Obduktion ergibt, war der Tod nicht freiwillig und wohl eher unangenehm, denn der Ermordete war lediglich durch Muskel-Relaxanzien bewegungsunfähig gemacht worden, aber noch bei vollem Bewusstsein, als der Mörder ihn den Schweinen zum Fraß vorwarf.

Die Ermittlungen gehen zügig voran und schon bald kann die Polizei der Öffentlichkeit die Täterin präsentieren: Charlotte Rubin, die Leiterin der Futtertierzucht des Tierparks. Die etwas seltsam scheinende Einzelgängerin gesteht den Mord, die Berliner Polizei freut sich über den schnellen Erfolg und schließt den Fall ab.

 

Zwei Menschen allerdings hegen, vollkommen unabhängig voneinander, Zweifel an der alleinigen Schuld Charlottes.

 

Die junge, ehrgeizige Streifenpolizistin Sanela Beara, die mit ihrem Kollegen zusammen als Erste am Tatort ankam, trifft noch vor deren Verhaftung mit Charlotte Rubin zusammen. Die beiden unterhalten sich kurz, aber intensiv. Als Sanela wenig später erfährt, dass diese Frau den Mord begangen haben soll, mag sie nicht glauben, dass die intelligente, ruhige Tierzuchtleiterin nur wenige Stunden zuvor, wahllos ein Opfer ausgesucht und ins Pekari-Gehege geworfen haben soll.

Bei den zuständigen Kripo-Beamten stößt Sanela auf wenig Verständnis, also beginnt sie auf eigene Faust zu ermitteln.

 

Auch der Psychologe Jeremy Saaler, der Gespräche mit Charlotte führt, glaubt nicht an deren Schuld. Zusammen mit der jüngeren Schwester der mutmaßlichen Täterin, macht er sich auf den Weg die Vergangenheit Charlottes näher zu beleuchten.

 

Sie alle führen ihre Nachforschungen nach Wendisch-Bruch, dem mittlerweile nahezu verlassenen, kleinen Dorf in der brandenburgischen Provinz, in dem die Schwestern aufgewachsen sind. Doch das sture Schweigen, der verbliebenen acht Dorfbewohnerinnen, vor allem wenn das Gespräch auf die Rubins und deren herunter gewirtschafteten Aussiedlerhof kommt, erstickt jede Art von Spurensuche im Keim. Klar ist nur, dass hier jeder mehr weiß, als er zugeben möchte.

 

Was ist damals passiert, mit dieser Dorfgemeinschaft, als Charlotte und ihre Familie den abgelegenen Hof bewohnt haben? Warum haben so viele Einwohner Wendisch-Bruch seitdem verlassen? Und was hat es mit den bellenden Hunden auf sich, die allgegenwärtig zu sein scheinen?

 

Dass Elisabeth Herrmann auf all diese Fragen ebenso ungeahnte, wie logische, wie erschreckende Antworten findet, ist die Stärke des Thrillers. Sie geht dabei bis an die dunkelsten Stellen der menschlichen Seele. Ihr Figuren sind so beängstigend, weil sie glaubwürdig sind. Wer weiß schon wozu Menschen fähig sein können, wenn sie sich durch eine schweigende Mehrheit, die bereit ist wegzusehen, geschützt fühlt.

 

„Dorf der Mörder“ ist ein Krimi der nachhallt, der seine Leser auch nach der Auflösung des Falls nicht loslässt, weil er an die dunklen Seiten des menschlichen Seins kratzt.

 

Auch literarisch und stilistisch lässt „Dorf der Mörder“ keine Wünsche offen. Mit ihrer klaren, geschliffenen Sprache und den punktgenauen Beschreibungen entwirft Herrmann eine düstere, unheimliche Atmosphäre, die für Gänsehaut sorgt.