Rezension

Ergreifend und sprachgewaltig

Morgen und für immer -

Morgen und für immer
von Ermal Meta

Bewertet mit 5 Sternen

"Morgen und für immer" ist weder Thriller noch Liebesroman, weder Krimi noch Geschichtsbuch, und doch vereint dieses Drama alles in sich. Das Cover finde ich mehr als gelungen: Süße Früchte an dornigen Ranken - ein besseres Gleichnis kann ich mir nicht vorstellen.

Noch immer bin ich bewegt  von diesem schicksalhaften Roman, der mich gepackt hat wie lange kein anderes Buch. Bis jetzt ist "Morgen und für immer" mein Lese-Highlight des Jahres. Was der albanische Junge Kajan zwischen 1943 und 1991 erlebt, reicht wohl für mehrere Leben und wäre selbst dann an der Grenze des Zumutbaren.
Eines der Zitate des Romans lautet: "Er hatte Liebe gesucht und Verlust gefunden, er hatte Frieden gesucht und Schmerz gefunden, er hatte Erlösung gesucht und Vernichtung gefunden." Und zwischen all den Verlusten, dem Schmerz und der Vernichtung schafft es Kajan immer wieder, sich aufzurappeln, sich dem immer Neuen zu stellen, neue Freunde und Liebe zu finden - und sie wieder zu verlieren - und seine tiefe Liebe zur Musik festzuhalten. Sogar im dunkelsten Kerker, den das albanische Regime für ihn bereithält. 
So grausam viele Passagen des Romans sind, der Autor versteht es, eine Sprache zu finden, die fesselnd und zugleich ruhig ist und sehr poetisch. Selten habe ich solche wunderbaren Vergleiche für all die Empfindungen des Protagonisten gelesen. Und obwohl Ermal Meta für sein Erstlingswerk den auktorialen Erzähler gewählt hat, war für mich als Leserin alles spürbar, als wäre ich ganz dicht dabei. Ich bin sogar froh, dass er nicht den personalen oder gar den Ich-Erzähler für diese Geschichte gewählt hat, denn das wäre vermutlich kaum auszuhalten gewesen.
Ich habe oft schlucken müssen, habe vor Freude und Trauer geweint, war ergriffen und geschockt, vor allem von der Grausamkeit und Willkür des albanischen Regimes. Ein Roman, der noch lange nachklingen wird, auch weil der geschichtliche Hintergrund (die kommunistischen Machenschaften) mich an meine Vergangenheit erinnert und zutiefst berührt. Vielleicht sollte das Buch Einzug in den Geschichtsunterricht finden, damit dieser noch junge Teil der europäischen Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät.
"Morgen und für immer" ist weder Thriller noch Liebesroman, weder Krimi noch Geschichtsbuch, und doch vereint dieses Drama alles in sich. Das Cover finde ich mehr als gelungen: Süße Früchte an dornigen Ranken - ein besseres Gleichnis kann ich mir nicht vorstellen. 
Ich danke @Vorablesen und @Hanserblau für das Leseexemplar.