Rezension

Erwartungen übertroffen

Baba Dunjas letzte Liebe - Alina Bronsky

Baba Dunjas letzte Liebe
von Alina Bronsky

Bewertet mit 4.5 Sternen

Baba Dunja ist über 80 und sie lebt dort, wo sich die meisten Mensche nur in Schutzanzügen hinwagen: In Tschernowo. Nach dem Reaktorunglück ist sie wie alle andern geflohen. Aber als Rentnerin erschien ihr die Möglichkeit zu Haus und Hof zurück zu kehren weitaus verlockender, als mit der knappen Rente in einem winzigen Zimmerchen in irgendeiner Stadt zu hausen. Nach und nach folgten Baba Dunja dann andere Alte, wie die Melkerin Marja mit ihren enervierenden Hahn oder der krebskranke Petrov, der lieber nach Tschernowo floh, als im Krankenhaus auf den Tod zu warten.

Alina Bronsky beschreibt das Dorfleben mit Humor und ganz viel Einfühlungsvermögen. Ich fand das sehr spannend: Den Alltag als mehr oder weniger Selbstversorger. Das Alter, das man täglich deutlicher spürt. Baba Dunjas resolute Art, die sie ungewollt zur Dorfchefin macht. Der schrecklich lange Weg in die nächste größere Stadt. Die Briefe an die Tochter, die sie seit Jahren nicht gesehen hat. Die Forscher, die in unregelmäßigen Abständen Lebensmittel und Bewohner untersuchen und die als einziges daran erinnern, dass die munteren Alten in der Todeszone leben.

Bei alldem hätte ich den Aufruhr um die zwei Fremden und die folgenden Erschütterungen des Dorlebens eigentlich gar nicht gebraucht. Was mir gefallen hat waren Baba Dunjas berührende Gedanken, die hinter der harten Schale steckten: Über ihre Ehe, ob sie mit ihren Kindern alles richtig gemacht hat, generell die Liebe für ihre so weit entfernte Familie und die Erfüllung, die das Leben in Tschernowo für sie darstellt.

"Baba Dunjas letzte Liebe" ist ein schöner kleiner Roman, der mich zum schmunzeln gebracht und trotzdem sehr berührt hat. Das Hörbuch ist zudem von Sophie Rois ganz wunderbar eingelesen und lässt Baba Dunja nochmal lebendiger werden. Meine Erwartungen hat die Geschichte jedenfalls übertroffen!