Rezension

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Etwas führt zu etwas

Terra di Sicilia. Die Rückkehr des Patriarchen -

Terra di Sicilia. Die Rückkehr des Patriarchen
von Mario Giordano

Bewertet mit 4.5 Sternen

Etwas führt zu etwas

Terra di Sicilia – Die Rückkehr des Patriarchen von Mario Giordano war ein absoluter Glücksgriff meinerseits auf Lovelybooks Leserunde. Ich mache nur selten mit und bin da ehr vorsichtig, denn wenn ich so ein teures Hardcover Buch gewinne, dann sollte ich auch die Zeit und Lust haben die Auflagen dazu zu erfüllen. Ich war schon was nervös und gerade der Anfang des Buches war ein wenig schwierig zu lesen, denn ich wurde sofort in die Geschichte geschmissen. Namen flogen um die Ohren, Erinnerungsfetzen unseres Hauptprotagonisten Barnarba und Geister, die irgendwie immer da sind. Ganz vorne im Buch gibt es einen Familienstammbaum und für den war ich echt dankbar. Bis zur Mitte des 2. Leseabschnitts brauchte ich den oft und dann aber wie Magie war ich drin in dieser Geschichte eines armen Jungen, der in Sizilien des Jahres 1880 hineingeboren wird. Die Familie ist arm. Schon früh muss Barnarba Geld mit dazuverdienen. Dies geschieht als Aktmodell des Baron von Gloeden (einen Mann, den es wirklich gegeben hat und der von kleinen Jungen und Jugendlichen Aktfotos macht). Das ist eine der Erzählstränge, die schwerfallen, so mal im Verlauf der Geschichte Gloeden als Gönner seiner Aktmodelle auftritt, fasst schon als guter Freund.

Zu Anfang versteht man fast nur Bahnhof am Bahnhof von München des Jahres 1960, als der 80jährige Barnaba seine Münchner Familie besuchen kommt, aus mehreren Gründen, die ich auch im Verlauf der Leseabschnitte erfahren habe. Diese Spannung war dem ganzen Buch über spürbar und hat gutgetan. Es wurde nicht langweilig. Man lebte mit Barnaba in seiner Armut genauso wie bei seinem Aufstieg und seine Momente, in denen er auf die Nase gefallen ist. Dazu die Geschichtlichen Bezüge, die Umbrüche, Kriege, Erfindungen und berühmte Personen weltweit, von denen Barnaba teils gar nicht mitbekommt und auch nicht so richtig glauben kann das auch Sizilien mal davon etwas zu sehen bekommt.

Ich lerne die sizilianischen Mütter eng an ihren Kindern dran sind und als Barnabas Vater stirbt ist er der Hausherr und irgendwie wirkt es so als wäre er auch mehr als der Mann im Hause seiner Mutter. Die aber dennoch die Fäden in der Hand behält und als Heilerin „Magie“ ausübt, um Barnaba an die für ihn ausgewählte Frau zu binden. Die Mutter wird er nicht los.

Ansonsten handelt die Geschichte davon das Barnaba reich werden will. Als Obstanbauer/Händler, was erst einmal ausweglos erscheint. Er kann nicht lesen und schreiben, dafür aber rechnen und hat die Gabe Zahlen als Farbe zu sehen. Als er als Kind schwer erkrankt und durch seine Mutter aber geheilt werden kann, bleibt er bei einer Größe von 1,44 cm stehen. Die Größe wird nicht so oft erwähnt und im Verlauf der Geschichte wo er dann auch als Patriarch bezeichnet wird, verliert diese geringe Größe an Wichtigkeit für mich. Er hat immer die schönsten Frauen im Bett, kann sich behaupten, gibt niemals auf und durch seine besondere Gabe mit Zahlen gut umgehen zu können, bringt er es weiter als manch großgewachsener Mann. Es ist ebenso: Etwas führt zu etwas.

Die Erzählstränge seines Urenkels wechseln sich also immer ab von 1960 als alter Mann bis zu Kindheit und Jugend Barnabas in Sizilien bis zu seinen ersten beruflichen Erfolgen und darin erfährt man dann auch nach und nach die Frauengeschichten, die vielen Kindern, die er zeugte und was es mit den Geistern auf sich hat.
Die Geister, ich fand die gaben der Geschichte noch den richtigen Pfiff.

Vom Autor selbst habe ich vorher noch keine Bücher gelesen, mir sind die Tante Poldi Romane leider kein Begriff. Ich hole das mal nach, denn der Mann kann erzählen! Er hat das richtige Flair hineingebracht. Man kann die Orangen und Zitronen regelrecht riechen. Die Idee Mandarinen in Seidenpapier zu packen kenne ich noch aus den 1980er Jahren. Da waren Mandarinen noch mit Papier umwickelt. Wenn ich lese, welche Ideen Barnaba dazu hatte, möchte ich das alles mal sehen. Und dafür spricht doch bitte eine Verfilmung.

Ich weiß nicht, ob ich das Buch so zeitnahe gelesen hätte, ohne die Leserunde. Das hatte jetzt mit dem Gewinn einen richtigen Reiz, auch über diesen ersten Leseabschnitt zu kommen. Danke schön, dass ich dabei sein durfte. Es war mir ein Fest und hoffe auf ein baldiges Wiedersehen. Ich denke, da gibt es noch viel zu erzählen.