Rezension

Facettenreiche Familiengeschichte

Rote Sirenen -

Rote Sirenen
von Victoria Belim

Bewertet mit 5 Sternen

In ihrem Romandebüt begibt sich die mittlerweile im Ausland lebende Autorin Victoria Belim auf die Suche nach Gründen für das Verschwinden ihres Urgroßonkels Nikodim, in den 30 er Jahren. Dazu reist sie zurück in ihr Heimatland, in ein kleines Dorf in der Ukraine, wo ihre Großmutter lebt. Diese scheint allerdings mit der Vergangenheit abgeschlossen zu haben und widmet sich ausschließlich ihrem Obst und Gemüsegarten. Auf ihrer Suche nach Antworten trifft Victoria wiederholt auf Widerstände und lernt gleichzeitig ihre Heimat immer besser kennen. 

Fühlt sie sich anfangs noch manchmal wie eine Fremde, sieht sie im Verlauf die Ukraine immer wieder mit neuen Augen und erkennt schließlich ihre starke Verbundenheit zu dem Land, in dem sie die ersten 15 Jahre ihres Lebens verbrachte. 

Mir hat diese Familiengeschichte sehr gut gefallen. In klarer, schnörkelloser Sprache beschreibt Victoria Belim das einfache Leben ihrer Angehörigen in der Ukraine damals und heute. So bildhaft sind ihre Schilderungen, dass ich mich selbst als Beobachter unter einem blühenden Kirschbaum in Valentinas Garten sitzen sah. 

Am interessantesten waren für mich die Einblicke in die ukrainische Geschichte und vor allem in den Umgang der Menschen mit den oft zermürbenden Geschehnissen. 

Das Buch wurde vor dem Einmarsch der Russen in die Ukraine geschrieben und wirkt wie ein unheimlicher Prolog zu dem aktuellen Kriegsgeschehen. 

Als Victoria Belim 2014 in ihre Heimat reiste, war schon die Annexion der Krim durch Russland ein beängstigendes Ereignis, niemand hätte mit einem kompletten Einmarsch ein paar Jahre später gerechnet. 

So bedrückend es ist von Korruption, Ausbeutung und alltäglichen Ungerechtigkeiten die dieses Land lange Zeit kennzeichnete, zu lesen, ziehe ich gleichzeitig viel Positives aus diesem Roman. Vor allem die starken Persönlichkeiten wie die Großmutter Valentina und die Urgroßmutter Asja zeigen einen Weg wie es gelingen kann, mit großen Widrigkeiten umzugehen.

Fazit:

Ein beeindruckender Debütroman, den ich jedem nur empfehlen kann.