Rezension

Geschichtlich interessant

Rote Sirenen -

Rote Sirenen
von Victoria Belim

Bewertet mit 4 Sternen

Ich stelle immer wieder fest, wie viel man doch aus Büchern über fremde Länder und Kulturen lernen kann. Nicht zuletzt seit dem Kriegsbeginn 2022 habe ich mich für die Ukraine interessiert und war deshalb sehr gespannt, was ich aus diesem autobiografischen Buch mitnehmen kann.

Victoria wächst in der Ukraine im Kreis ihrer großen Familie auf, bevor sie mit ihrer Mutter in die USA auswandert und dann später mit ihrem Mann nach Belgien zieht. 2014 kehrt sie zurück in ihre Heimat, als Russland die Krim besetzt, und versucht ihre familiären Wurzeln zurückzuverfolgen.

Ich liebe es, wenn in Büchern die Spurensuche als Hauptelement des Erzählens eingesetzt wird. Meist wird es aber durch die Verknüpfung zwischen Vergangenheit und Gegenwart romantisiert und verwaschen. Hier liegt der Fokus ganz klar auf Victorias Ermittlungsarbeit und Spurensuche und bietet dadurch einen wesentlich konkreteren, an manchen Stellen aber auch trockeneren Einblick.

Man merkt, dass die Erzählung aus ihren Erinnerungen und Erfahrungen aufgebaut ist. So springt sie öfter in der zeitlichen Reihenfolge hin und her, bleibt an manchen Ereignissen länger hängen als an anderen und konzentriert sich teilweise auf Details, die zwar für sie, nicht aber unbedingt für die Handlung wichtig gewesen wären.

Dadurch zeichnet sie ein sehr authentisches Bild, das auch einen tiefen Einblick in die Gefühlslage (und vor allem ihre Zerissenheit) der Ukrainer bietet. Man lernt unheimlich viel über ihr Schicksal der letzten Jahrzehnte, über die politischen Verstrickungen und Machtwechsel und deren Bedeutung für die Bevölkerung.

Für mich hat das Buch vollkommen gehalten, was ich mir von ihm versprochen habe. Und man sollte es unbedingt lesen, um die vielen Flüchtlinge besser verstehen zu können, die zwar vor der derzeitigen Situation in ihrem Land fliehen, es aber kaum erwarten können, in ihre Heimat zurückzukehren.