Rezension

Lehrreiche Familiengeschichte mit ukrainisch-russischem Bezug

Rote Sirenen -

Rote Sirenen
von Victoria Belim

Bewertet mit 4 Sternen

Es handelt sich um eine wirklich lehrreiche, lesenswerte Familienbiografie der Autorin, die dem Leser den Hintergrund des ukrainisch-russischen Verhältnisses anschaulich und detailliert aufbereitet. Sie selbst entstammt einer Multi-Kulti-Familie – russischer Vater, ukrainische Mutter, viele Angehörige mit Wurzeln in einer der früheren Sowjetrepubliken. Aufgewachsen in der Ukraine zu Sowjetzeiten, wanderte sie 15jährig 1994 drei Jahre nach Zerfall der Sowjetunion in die USA aus und als Erwachsene nach Brüssel. Der Krim-Konflikt 2014 ist für sie Anlass, zu ihrer Großmutter in die Ukraine zurückzukehren und ihrer Herkunft nachzugehen. Vor allem das Schicksal eines unter Stalin spurlos verschwundenen Urgroßonkels, der fortan in der Familie zum Tabuthema wurde, zieht sie in ihren Bann.

 

Die Geschichte ist sehr gut recherchiert. Ihr ist anzumerken, dass die Autorin studierte Politikwissenschaftlerin ist. Teilweise liest sie sich nach Art eines Sachbuchs und beleuchtet das historische und aktuelle Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine in vielfältigen Facetten. Interessant ist, dass es in der Familie der Autorin auch durchaus Angehörige mit prorussischen Ansichten gibt. Insgesamt schneidet Russland natürlich sehr schlecht ab und es ist schockierend zu lesen, welch grausamer Methoden es sich in der Vergangenheit gegenüber der Ukraine und der Bevölkerung bediente. Das Buch ist ein gelungener Beitrag, um auch den aktuellen Krieg zu verstehen. Für einen deutschen Leser ist nicht auf Anhieb alles verständlich. Die Vielzahl von Ortsnamen, Personennamen, Ereignissen, Instrumenten ist manchmal etwas verwirrend, so dass sich eine wiederholte Lektüre des Buchs empfiehlt.