Rezension

Facettenreiche Meerglasträume

Träume in Meeresgrün - Miriam Covi

Träume in Meeresgrün
von Miriam Covi

Bewertet mit 5 Sternen

Die Einladung ihres Vaters kann die 34-jährige Amelie Ludwig nicht ausschlagen und reist mit ihm, ihrer jüngeren Schwester Nele und deren Freund Lars nach Lunenburg in die kanadische Provinz Nova Scotia. Amelie, die schon durch ihre heimliche und unerwiderte Liebe zu Lars und einem zurückliegenden Schicksalsschlag in einem absoluten Gefühlschaos steckt, trifft schon am ersten Tag in ihrem Ferienort nicht nur auf den charmanten Bootsbauer Callum und seinen Riesenhund Skipper, sondern begegnet in einem Café auch einem Mann, der als Doppelgänger ihres Vaters durchgehen könnte. Schon bald deckt sie zufällig mit Callums Hilfe ein altes Geheimnis ihres Vaters auf, was die Familie ganz schön durcheinander bringt. Amelies Wege kreuzen sich zudem immer wieder mit Callum, der nicht nur reges Interesse an ihr zeigt, sondern in ihr auch eine Seite zum Klingen bringt, die sie krampfhaft zu überhören sucht. Der Beschützerinstinkt und das plötzliche Interesse von Lars machen die Situation für Amelie auch nicht besser. Sie muss sich endlich ihrer eigenen Vergangenheit stellen und dem Ruf ihres Herzens eine Chance geben…

Miriam Covi hat mit „Träume in Meeresgrün“ einen unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser zu einer ereignisreichen Reise ins malerische Nova Scotia einlädt, um vor der herrlichen Kulisse nicht nur alte Geheimnisse ans Tageslicht zu fördern, sondern auch der Romantik freien Lauf zu lassen. Durch den flüssig-leichten und bildhaften Erzählstil findet sich der Leser mit den ersten Zeilen an Amelies Seite wieder, wobei er aus erster Hand einen Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt erhaschen kann. Amelies Leben ist seit 13 Jahren geprägt von Verlust und Schmerz, die ihr Leben zu bestimmen scheinen und aus dessen Teufelskreis sie kein Entkommen sieht, solange sie sich selbst nicht den Dingen stellt, um diese zu verarbeiten und einen Neuanfang ins Auge zu fassen. Die Einbindung der Urlauber in das örtliche Geschehen sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen werden von der Autorin in der Handlung gut miteinander verwoben, so dass alles sehr natürlich wirkt. Als Leser fällt man schon bei den farbenprächtigen Landschaftsbeschreibungen in den Urlaubsmodus, sieht die bunten Häuser und den Blick über den Atlantik sofort vor sich und möchte am liebsten sofort die Koffer packen, weil einen das Fernweh packt. Aber bei der Interaktion der Protagonisten ist der Leser mit einem schönen Kopfkino hautnah dabei.

Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und wurden mit glaubwürdigen Ecken und Kanten ausstaffiert, die sie realistisch und vor allem menschlich wirken lassen. Der Leser ist eingeladen, sich an ihre Fersen zu heften und eine ereignisreiche Reise mitzuerleben. Amelie ist eine zurückhaltende und sensible Frau, die nicht nur höchst unsicher, sondern für ihr Alter oftmals leider auch sehr naiv wirkt, was den Leser oftmals den Kopf schütteln lässt. Ihr mangelt es an Selbstvertrauen und Durchsetzungsvermögen, vor allem ihrer Schwester gegenüber. Nele ist eine vorlaute Person, die alles für sich vereinnahmt, sich immer in den Vordergrund stellt und das Gefühl vermittelt, ihrer Schwester absichtlich wehtun zu wollen. Lars weiß nicht, was er will, mischt sich zu sehr in Amelies Leben ein, anstatt sich um seine eigenen Angelegenheiten und um Nele zu kümmern. Callum ist ein echter Typ, praktisch veranlagt, musikalisch, offen und vor allem charmant. Knuth ist ein liebenswerter Mann, der sich hingebungsvoll um seine demente Frau kümmert. Aber auch Protagonisten wie die Bewohner der Seniorenresidenz, Caféhausbesitzer Jimmy oder Skipper bringen Farbe in die Story.

„Träume in Meeresgrün“ ist ein schöner Sommerroman, der neben herrlicher Urlaubsatmosphäre und farbenprächtiger Hintergrundkulisse so manches Geheimnis bereithält, aber auch einiges an Romantik zu bieten hat. Liebevoll erzählt und mit verdienter Leseempfehlung ausgestattet!