Rezension

Fantasy, die real erscheint

Die Alchimistin - Kai Meyer

Die Alchimistin
von Kai Meyer

Bewertet mit 4 Sternen

1897: Waise Christopher kommt in sein neues Zuhause: Das Schloss Institoris auf einem Felsen in der Ostsee. Seine Stiefgeschwister sind abweisend, bis auf die kleine Sylvette. Von der beinah gleichaltrigen Aura bekommt Christopher die kalte Schulter gezeigt. Als er eines Nachts durchs Schloss schleicht, kommt Christopher in den Dachgarten. Hier sieht er zum ersten Mal Nestor Nepomuk Institoris, den Hausherrn, der sich dort oben der Alchimie widmet. Nestor ist auf der Suche nach Unsterblichkeit, dem wahren „Stein der Weisen“. Christopher wird sein Gehilfe, sehr zum Missfallen Auras, die sich ebenfalls die Aufmerksamkeit ihres Vaters erhofft hatte. Sie wird jedoch in ein entlegenes Schweizer Internat geschickt. Während Aura im Zug sitzt, schleicht sich der Hermaphrodit Gillian ins Schloss, um Nestor im Auftrag seines Herren Lysander zu töten. Auch Aura soll Gillian töten, doch er kann es nicht und die beiden verlieben sich ineinander. So geraten Aura und Gillian in den Konflikt der Alchimisten Nestor und Lysander, welcher in den Katakomben unter der Wiener Hofburg haust.

Kai Meyer hat mit der „Alchimistin“ wirklich einen unvergleichbaren Roman geschrieben. Gekonnt mischt er Fantasy und Realität bzw. Historie und führt den Leser mit Aura und Gillian von der Ostsee nach Paris und Wien und darüber hinaus auf der Suche nach dem Geheimnis der Unsterblichkeit und dem alten Wissen der Templer.
Der Leser erfährt einiges über verquere alchimistische Praktiken und die Templer, oft geht es brutal zu und ungeahnte Wendungen bereichern das Geschehen.
Die Charaktere sind ebenso einzigartig wie die Handlung: ein mordender Hermaphrodit, die brutalen Zwillinge Stein und Bein, der geheimnisvolle Lysander und die resolute wie sture Aura sind das Salz in der Suppe dieses Buchs.
Was mir ebenfalls sehr gut gefiel, ist der bildhafte und beinah poetische Schreibstil Kai Meyers, der vor allem in der Beschreibung der Orte und der Atmosphäre ungeheures Kopfkino erzeugt.
Trotz der ungewöhnlichen Handlung und der Charaktere fiel mir das Aufdecken der Geheimnisse oft schwer und das Buch konnte mich stellenweise nicht so fesseln wie erhofft. Leider kann ich nicht genau sagen, woran dies liegt. Im umfangreichen Anhang hätte ich mir mehr Informationen über die Alchimie erhofft, dies wurde aber völlig außer Acht gelassen. Schade.

Die Alchimistin ist ein spannendes Märchen für Erwachsene mit starkem Bezug zur Realität, daher nicht nur für Fantasy-Fans ein Muss. Ich bin gespannt auf die Fortführung von Auras Geschichte.