Rezension

Fesselnd bis zur letzten Seite

Der Henker von Hamburg -

Der Henker von Hamburg
von Anja Marschall

Bewertet mit 5 Sternen

Hauke Sötje und Sophie Struwe sind nun am Ziel ihrer Träume: Als glückliches Ehepaar leben sie nun mit ihrer kleinen Tochter Henriette und Kindermädchen sowie Köchin in einer großen Wohnung. Während Hauke weiter Verbrecher jagt, muss sich Sophie den Konventionen beugen und die Karriere ihres Mannes mit den gebotenen Mitteln fördern. Dazu gehört unter anderem auch der Besuch der Hamburger Oper, um eine Wagner-Tragödie zu hören, in der die gefeierte Sopranistin Carlotta Francini auftritt. Das behagt Hauke wiederum nicht so gar nicht - Richard Wagner zu lang, zu schwermütig und zu viele Tote. Die hat Hauke als Kriminalbeamter im wirklichen Leben wahrlich genug.

 

Noch bevor der erste Takt der Musik erklingt, wird Hauke aus dem Parkett geholt und muss zu einem Leichenfund. Man hat einen Pastor erhängt aufgefunden. Schnell wird klar, dass der Mann getötet wurde.

 

Während Hauke mit den damaligen Möglichkeiten der Kriminaltechnik nach dem Mörder sucht, freundet sich Sophie mit der Sängerin an, die mehr als ein Geheimnis umgibt. Wie Backfische schlagen die beiden Frauen dem etwas aufdringlichen Verehrer Maximilian von Siems ein Schnippchen und erkunden Hamburg auf eigene Faust.

 

Als dann zwei weitere Personen erhängt aufgefunden werden, ist klar, dass hier jemand auf Rache aus ist. Nur wer? Alle Zeichen deuten auf Carlotta Francini, denn jedes der Opfer hat irgendwie mit der Sängerin Kontakt gehabt. Hauke und sein Team ermitteln fieberhaft, doch erst der klare analytische Blick von Sophie auf die Ereignisse, der darin mündet, im Auftrag der Polizei, quasi als „Spionin“ im Haushalt derer von Siems aus- und einzugehen, bringt mehr Klarheit in den verzwickten Fall ...

 

Meine Meinung:

 

Wie wir es von Naja Marschall gewohnt sind, ist dieser 5. Fall für Hauke und Sophie Sötje fesselnd angelegt. Nebenbei erfahren wir einiges über das Leben von bürgerlichen Frauen in Hamburg um 1899.

 

Obwohl die beiden den sozialen Aufstieg vom gescheiterten Kapitän und der Privatlehrerin reicher Bürger zum angesehenen Kriminalinspektor und Ehefrau geschafft haben, fühlt sich Sophie einsam und unterbeschäftigt. Ihr wacher Geist braucht mehr Beschäftigung als Teatime und Kaffeekränzchen. Das Kriminalisieren gemeinsam mit Hauke fehlt ihr sehr. Der ist naturgemäß über die bisherigen Alleingänge seiner nunmehrigen Ehefrau nur mäßig erfreut und appelliert an ihr Verantwortungsbewusstsein als Ehefrau und Mutter. Es wäre für den Fortgang der Reihe den beiden zu wünschen, dass sie ihre Unzufriedenheit den Griff bekommen. In Kriminalrat Roscher, Haukes Chef, der allen Neuerungen in der Kriminaltechnik aufgeschlossen gegenüber ist, hat Sophie einen gewichtigen Fürsprecher. Denn auch Hauke muss erkennen, dass

 

„Frauen die einzigen Wesen sind, die wir Männer immer wieder unterschätzen“. (S. 264)

 

Welch kolossale Eerkenntnis - das macht Hoffnung, dass Sophie in einem nächsten Band wieder etwas mehr „kriminalisieren“ darf. Sie könnte ja als Aushilfslehrerin ungeklärte Todesfälle in einem Waisenhaus recherchieren. Kriminalrat Roscher könnte das sicher genehmigen.

 

Wie in den Vorgängern beginnt jedes der 39 Kapitel mit einem damals tagaktuellen Zeitungsausschnitt. Damit wir uns eine Vorstellung vom Hamburg um die Jahrhundertwende machen können, ist ein Stadtplan von 1895 abgedruckt.

 

Ich hatte zwar schon recht bald einen Verdacht, denn die Verknüpfung von Kirche und Waisenhaus lässt mich immer das Schlimmste denken, ist der Weg bis zur Auflösung sehr gut gelungen.

 

Zu den zahlreichen Charakteren, die sozusagen das „Stammpersonal“ der Reihe bilden, wie Hauke, Sophie, die Gräfin oder Roscher, gibt es wieder ein paar interessant neue Gesichter wie zum Beispiel Kriminalassistent Schröder oder Archivar Wehling.

 

„Sobald man den Anfang des Fadens gefunden hatte, konnte man das Gespinst aus Lügen entwirren und die Wahrheit trat zutage.“ (S. 264)

 

Fazit:

 

Wer fesselnde historische Krimis aus Hamburg, die auch mit gesellschaftlichen Details aufwarten, liebt, sollte hier unbedingt zugreifen. Ich empfehle mit dem ersten Band zu beginnen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.