Rezension

Freundschaftsroman mit Sprachgenuss

Ich komme nicht zurück -

Ich komme nicht zurück
von Rasha Khayat

Bewertet mit 4 Sternen

Hanna, Cem und Zeyna wachsen Ende der 1980er in einer Arbeitersiedlung im Ruhrgebiet auf. Zeyna ist gerade aus dem Iran angekommen, Cem hat türkische Wurzeln und Hanna wächst bei ihren Großeltern auf. Die drei werden unzertrennlich und sind es auch bis ins Erwachsenenalter, bis plötzlich etwas passiert, das Zeyna davon treibt.
Jetzt ist Hanna um die 40 und aus der Großstadt zurückgekehrt in das Haus ihrer Großeltern nach deren Tod. Hanna ist einsam: Es ist die Hochphase der Pandemie, es herrscht Kontaktverbot und die Menschen halten Abstand zueinander. Immer wieder sieht Hanna Frauen, die aussehen wie Zeyna und sie erinnert sich zurück. An die Kindheit mit ihren beiden engsten Freund:innen, aber auch an Eifersucht, Verlust, Identitätssuche und Wahlfamilie. Sie erinnert sich auch an die ersten Risse nach dem Brandanschlag von Mölln. Zeyna entwickelte Wut, und Zeynas und Cems Familien bekamen Angst, beide erzählen von der Erkenntnis "Dass keiner uns hier haben will.". Hanna kann nur von der Seite zuschauen, denn "Aber es hat dich nie betroffen, Nicht so wie uns.".

Dieser Roman ist sprachlich als auch handlungstechnisch sehr eingängig. Gerade die einschneidenden Geschehnisse wie der Brandanschlag von Mölln und der Einsturz des World Trade Centers werden eindrücklich in ihrer Wirkung auf Hanna, Cem und Zeyna dargestellt. Da ist die blitzlichthafte Schilderung des Einsturzes, Aber auch zahlreiche Formulierungen haben mich das Buch trotz seiner bedrückenden Thematik sehr genießen lassen. Hier wird eine Kinderfreundschaft und deren Transformation ins Erwachsenenalter mit gesellschaftlichen Veränderungen verknüpft und das Bewusstsein für unterschiedliche Lebensrealitäten geschärft. So sehr Hanna sich an diese Freundschaft klammert, wird sie doch immer wieder damit konfrontiert, dass das Leben von Cem und Zeyna nicht annähernd so sorglos ist und sie deren Erfahrungen niemals wirklich nachempfinden können wird, denn "dich hat es nie betroffen, Nicht so wie uns.". Dieses recht dünne Buch vermag emotional so einiges zu transportieren. Und dennoch hatte ich auch den Eindruck, dass die Geschichte selbst manchmal etwas dünn ist. Die schlussendliche Auflösung dessen, was Zeyna weggetrieben hat, ist ein eher altes Schema und wollte für mich nicht so richtig zum Rest passen. Emotional war es nicht immer einfach, sich mit Hanna zu identifizieren, die mit wenig Antrieb vor allem der Vergangenheit anhängt und ihr Umfeld oft kritisch und mitunter abwertend betrachtet. Insgesamt konnte mich diese poetische Freundschaftsgeschichte jedoch weitestgehend überzeugen und emotional berühren und gleichzeitig einige Punkte aufzeigen, die das Leben und die Identität von Kindern, deren Familien eine Migrationsgeschichte haben, berühren.