Rezension

Die Fülle der ungesagten Worte

Ich komme nicht zurück -

Ich komme nicht zurück
von Rasha Khayat

Bewertet mit 5 Sternen

Es braucht nicht unbedingt Hunderte von Seiten, dass ein Buch uns aus dem Alltag kippt. Der vorliegende Roman schafft das mit 170 Seiten. Und selbst die wurden mir in ihrer Kraft mitunter fast zu viel. Denn, wie es im Text heißt, ließen sich „ganze Bücher füllen mit ungesagten Worten“. Und all diese ungesagten Worte stehen hinter den aufgeschriebenen Sätzen und beschäftigen uns gefühlsmäßig weiter.

In den Achtzigerjahren in einer Arbeitersiedlung im Ruhrgebiet sind Hanna, Zeyna und Cem in enger Freundschaft verbunden. Sie verstehen sich blind. Die unterschiedliche Herkunft spielt keine Rolle. Doch die Kinder werden älter, nehmen die familiären Unterschiede deutlicher wahr. Der 11. September 2001 löst erste Risse in ihrer Freundschaft aus. Zwischen Zeyna und Hanna kommt es zum endgültigen Bruch. Als viele Jahre später Hanna in die Wohnung der verstorbenen Großeltern zurückkehrt, ist Cem noch da, Zeyna aber ist verschwunden. Die Suche Hannas nach Zeyna, nach den Bruchstellen in der Vergangenheit, nach den kulturellen Unterschieden und nach Liebe und Freundschaft füllt die Seiten, mit gesagten und unzählig vielen ungesagten Worten. Die sich dem erschließen, der das Buch mit Empathie zu lesen versteht.
Meisterhaft spielt Rasha Khayat mit Worten. Ihr Büchlein ist prall voll von Wortbildern. Es ist gefühlvoll, poetisch und traurigschön. Es ist ein Plädoyer für die Freundschaft. Es lehrt mehr über Rassismus und kulturelle Unterschiede, als es Sachverständige in langen Vorträgen je könnten.

Der Roman spricht sehr leise, sehr feinfühlig und unendlich traurig über eine besondere Form der Heimatlosigkeit, über den Schleier der Einsamkeit und der Resignation in gesagten und ungesagten Worten. Mich hat das Buch ergriffen.