Rezension

Gelungener Einstieg in die Reihe

Artemis Fowl - Eoin Colfer

Artemis Fowl
von Eoin Colfer

Bewertet mit 4 Sternen

2001 erschien der erste Band der Artemis-Fowl-Reihe des irischen Kinder- und Jugendbuchautors Eoin Colfer. Und hat auch über fünfzehn Jahre später nichts von seiner Frische und seinem Witz verloren. Mit sprudelnder Fabulierlust erzählt Colfer die Geschichte des Jungen Artemis, der mit Feengold seine Familie retten möchte und sich dafür mit den Elfen anlegt. Die Elfenwelt ist erfreulicherweise ganz anders gezeichnet als gemeinhin erwartet und auch Artemis hat wenig von einem normalen Zwölfjährigen.

Zum Erscheinungszeitpunkt wurde die Buchreihe als Gegenpol zu Harry Potter bezeichnet. Aber damals wurde fast alles, was Magie enthielt, mit Harry Potter verglichen. In diesem Fall war und ist das völlig unnötig. Colfer hat eine Welt erschaffen, die so überhaupt nichts mit der traditionellen Atmosphäre eines Hogwarts zu tun hat und in der spitze Ohren das Einzige sind, was mit klassischen Elfen vergleichbar ist.

Schon das Cover lässt das erahnen. Dort sieht man nämlich im Boden unter einer lieblichen Landschaft mit Burg eine Stadt mit Gängen und Gebäuden und wenig freundlich aussehenden Bewohnern. Trolle, Zwerge und Elfen haben sich von der Oberwelt zurück gezogen und sich eine technisiert wirkende Lebenswelt im Untergrund geschaffen. Und die verlassen sie eigentlich nur im Notfall. Dass Artemis einen solchen Notfall auslösen wird, liegt in der Natur der Sache. Wie er das macht und was er damit hervorruft, wird hier natürlich nicht berichtet.

Die Charaktere sind für ein actionreiches Buch dieser Art ungewöhnlich gut ausgearbeitet. Artemis, der übrigens durchaus mit Flavia de Luce verwandt sein könnte, ist vielschichtiger als erwartet. Dafür muss man allerdings auch ein wenig zwischen den Zeilen lesen können. Auch der elfische Gegenpart Holly ist nicht nur zart und luftig. Einzig die Trolle sind Trolle und tun, was Trolle gemeinhin so tun. Da sind sich scheinbar alle Schriftsteller einig.

'Artemis Fowl' ist sicherlich kein klassisches Kinderbuch. Auf der Grenze zwischen Kinder- und Jugendbuch würde ich ein Einstiegsalter von etwa elf Jahren empfehlen. Einige Szenen sind doch recht unheimlich, zum Teil auch brutal und ein guter Ausgang ist lange eher ungewiss. Außerdem braucht man schon ein gewisses Technikverständnis, um der Story folgen zu können. Nach oben sind alle Grenzen offen. Colfer schreibt scheinbar nicht speziell für junge Leser, sondern eben für Leser ab einem gewissen Alter. Das merkt man an der Konstruktion der Sätze, an fehlenden Erklärungen, an der Anlage der Charaktere. Und so kann auch ein mittelalter Leser wie ich das Buch flüssig lesen, ohne über erhobene pädagogische Zeigefinger oder sehr kindgerechte Sprache zu stolpern.

Wer also Freude an ungewöhnlichen Ideen, moderner Umsetzung von Märchen und englischen Butlern hat, der möge dieses Buch lesen. Und wird erkennen, dass nichts ist, wie es zunächst erscheint. Ich freue mich nun auf weitere Bände dieser Reihe, die mir zum Erscheinungszeitpunkt irgendwie entgangen ist, trotz damaligem Hype. Aber Bücher sind ja netterweise auch Jahre später noch lesbar. In diesem Fall durchaus ein Vorteil.