Rezension

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hat mich geärgert

Broken Memory - C. J. Cooke

Broken Memory
von C. J. Cooke

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der Klappentext klingt spannend, aber die Auflösung ist so typisch Hollywood und hat mich geärgert. Schon auf Seite 174 wußte ich, worauf es hinaus läuft und so war es dann auch. 

Eine Frau findet sich mit Amnesie auf einer griechischen Insel wieder. Ein paar Fremde sind bei ihr und stellen mal eine Bedrohung, mal eine Unterstüzung dar. Die Frau ist als 4jährige massivst sexuell mißbraucht worden bis sie 13 war. Dass sie durch dieses Trauma psychisch krank ist verständlich. Auch, dass sie dissoziiert, sich also sozusagen wegbeamt und aus der Realität ausklinkt . Viele Patientinnen können das und müssen lernen, dass das, was einst ein Schutz war, jetzt gefährlich werden kann z.B. im Straßenverkehr. Sie können lernen, dies zu kontrollieren und abzustellen . (DBT ist dabei sehr hilfreich). Desweiteren ist es auch so, dass viel wieder hochkommt, wenn die eigenen Kinder in das Alter kommen, in dem man selbst mißbraucht wurde. Die Flahbacks können so heftig sein, dass man nicht mehr die Windeln wechseln kann, weil man mit allen  Sinnen wieder in der Traumasituation ist (man sieht nicht mehr das Kind auf dem Wickeltisch, sondern die Tapete des Zimmers in dem man vergewaltigt wurde, man hört den Atem oder das Stöhnen des Täters, schmeckt das Blut, Sperma oder auch Fäkalien, je nachdem, was man damals geschmeckt hat, riecht die Gerüche von damals, spürt die Schmerzen und ist nicht mehr im hier und jetzt). Auch das kann gefährlich sein, wenn das Kind vom Wickeltisch fällt oder man oben an einer Treppe steht, aber selbst einen Flur sieht und weitergehen will. Bei Flashbacks befindet man sich sozusagen in der alten Traumasituation und erlebt das Trauma erneut, bei Dissoziation blendet man sich völlig aus und ist wie bewußtlos. Die Autorin (selbst Opfer von massiver Gewalt in der Kindheit) hat hier ein wichtiges Thema aufgegriffen. Aber sie hat dann Multiple Persönlichkeitsstörung als Auflösung gewählt. Das gibt es nicht. Es gibt wohl ein switchen der Persönlichkeit im Rahmen von Dissoziation , aber nicht so, dass die Patientin sich mit denen unterhält oder die voneinander wissen. Das ist Unsinn. Eine Patientin kann in die Rolle des kleinen  Kindes fallen oder in die eines Beschützers, Gestik und Mimik ändern sich, aber es ist keine andere Persönlichkeit. Ich verhalte mich auf der Arbeit ja auch anders als bei Freunden und im Kontakt mit meiner Mutter werde ich wohl immer Tochter bleiben, auch wenn ich ihr gerne erwachsener gegenübertreten würde. Die Rollen sind beim Switchen stärker ausgeprägt, stellen aber keine eigene Persönlichkeit dar. Hollywood hat einen multiplen Persönlickeitsstörungs-Hype ausgelöst, ganauso wie es fälschlicherweise Schizophreniekranke als Dr. Jekkl und Mr. Hide darstellt, was genauso ein Unsinn ist. 

Schade, daher hatte ich schon keine Lust mehr weiterzulesen, habe es dennoch getan und bin nun, nach dem Nachwort und der Erklärung etwas versöhnlicher gestimmt. Die Autorin hat sich bemüht und ein wichtiges Thema gewählt. Leider hat sie sich dabei an Hollywood orientiert und sich dann noch falsch beraten lassen. 

Der Schreibstil ist mittelmässig, wirkliche Spannung kam deswegen nicht auf. Einige kleine Logikpatzer machten es nicht besser.  Vielleicht wäre ein Buch, in dem sie die eigenen Erfahrungen aufarbeitet und ihren Werdegang schildert besser gewesen, um Verständnis für dies Thema zu verbreiten, wie sie dies in ihrem Nachwort ja getan hat.