Rezension

Humor als Ventil für die Trauer

Trauer ist eine lange Reise - Georg Koeniger

Trauer ist eine lange Reise
von Georg Koeniger

Bewertet mit 5 Sternen

~~Georg Koeniger nimmt den Leser mit auf einen Weg, den stellvertretend für Andrea, seine verstorbene Frau, antritt. Der Jakobsweg war ein Ziel für sie, leider konnte sie diesen Wunsch nicht mehr verwirklichen. Statt ihrer bricht nun Georg mit seinem Rad auf, ein Jahr nach Andreas Tod wird diese Fahrt ein Wendepunkt in seinem Leben. Dabei ist er nicht allein, Andrea begleitet ihn, in seinem Denken, seinen Gefühlen, seinen Träumen und auch ganz real in einer kleinen Urne mit etwas Asche.
 Die Erlebnisse der Radreise wechseln sich mit Rückblenden ab. Wir lernen Andrea kennen, als gesunde Frau, voller Leben und Tatendrang und als Erkrankte, die die Krebserkrankung einfach nicht akzeptieren kann, sich mit all ihrem Wissen als Heilpraktikerin und Naturwissenschaftlerin dagegen stemmen möchte. Dabei verschweigt Georg Koeninger nicht, wie viel die Pflege auch ihm abverlangte, einer unendlichen Steigung mit Gegenwind vergleichbar. Aber trotzdem immer ein Ziel vor Augen. Auch wenn die Schilderungen des Krankheitsverlaufs immer wieder zu Tränen rühren, man mit Georg leidet und fühlt, gibt es Passagen auf seiner Reise, die voller Humor und Freude sind. Grade der Wechsel in den Erzählperspektiven verhindert, dass die Beschreibung in Rührseligkeit versinkt. In den Monaten der Krankheit und der Pflege Andreas ist sein Beruf ja weiter gelaufen. Er hatte Verpflichtungen, gebuchte Auftritte und er erkennt, dass sein Humor auch ein Ventil für seinen Schmerz war.
 Je weiter er den Weg nach Santiago fährt, um so näher kommt er auch einem Neubeginn. Die Tage beginnen sich zu gleichen, Routine macht sich breit, die Eindrücke und Landschaften ziehen vorbei und überall lässt er seelischen Ballast zurück. Genau wie in den Wochen vor der Reise, wenn er sich von persönlichen Gegenständen und Kleidung seiner Frau trennt und sich dadurch auch freier und unbelasteter fühlte.
 Darf man erleichtert sein, wenn sich das Leben wieder zu normalisieren beginnt? Wenn die oft schwere, belastetenden Pflege Vergangenheit ist, man vielleicht auch offen für neue Begegnungen ist ? Ja, man darf erleichtert sein und mit dieser Aussage nimmt er anderen Trauernden vielleicht eine Last von der Seele.
 Wie Georg Koeniger schreibt, erlebt er mit dieser Reise gewissermaßen eine letzte Radtour zusammen mit Andrea, die immer ein wichtiger Teil seines Lebens bleibt, aber nun kann er auch allein einen neuen Weg einschlagen.
 Ich war von diesem Buch sehr angerührt und war manchmal nah am Wasser gebaut, gut dass es immer wieder Episoden auf dem Jakobsweg gab, die mich zum schmunzeln brachten. Fast Jeder hat schon einmal einen wichtigen Menschen verloren und kann sich in diesem Buch wiederfinden.