Rezension

Infantin mit Piratenklappe

Die Infantin trägt den Scheitel links - Helena Adler

Die Infantin trägt den Scheitel links
von Helena Adler

"Nehmen Sie ein Gemälde von Pieter Bruegel. Nun animieren Sie es." - So beginnt dieses Buch. Bilder spielen eine große Rolle: Jedem Kapitel ist ein Bildtitel vorangestellt; um welche Bilder es sich handelt, wird im Anhang aufgezählt. Der Inhalt ist dann ebenfalls bilderreich. So geht es weiter: "Wir essen schwarze Regensuppe zum Nachtmahl. Der gründe Kachelofen brütet in der Ecke, in der Stube dampft es, doch mir ist kalt. ... Die Urgroßeltern ... sind die Urgesteine hier am Hof und wer sie bewegen will, beißt auf Granit." 

Beschrieben wird eine Kindheit und Jugend auf einem österreichischen Bauernhof. Da sind die Urgroßeltern, denen der verschuldete Hof gehört und die das Sagen haben; die Großmutter wohnt in einem anderen Haus; den Vater, ihren einzigen Sohn, musste sie als Sechsjährigen den Urgroßeltern geben, damit er als Hoferbe aufwachsen und die Arbeit übernehmen konnte; die frömmelnde Mutter; die Zwillingsschwestern, die wie blonde Engelchen aussehen, aber es nicht sind, und schließlich das jüngste Kind, dessen Namen wir nicht erfahren. Später nennt es sich "die Infantin", laut den Nachbarn "eine Kronprinzessin, die lauter rülpst als jeder dahergelaufene Stallbursche."

Die Autorin erzählt von einer Kindheit, in der Prügel Alltag sind, von saufenden Männern und frömmelnden Frauen, von älteren Geschwistern, die das jüngere piesacken. Aber dieses Kind wehrt sich, es begehrt auf - und wie! Mit einer rotzfrechen Sprache, mit Zündeln, dem der Kuhstall zum Opfer fällt, mit Wut und Protest. Es ist keine Dorfidylle wie bei Heidi, sondern ein hartes Leben, eigentlich eine Zumutung. Dieses Leben wird in verschiedenen Bildern beleuchtet, die teils schon groteske oder surrealistische Züge haben. Mit dem Inhalt konnte ich mich daher nicht anfreunden, wohl aber mit der Sprache, die wie eine Urgewalt daherkommt und alles hinwegfegt. Auch wenn der Inhalt nicht originell ist, diese Sprache ist es.

Das Buch steht auf der Nominierungsliste zum Deutschen Buchpreis 2020.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 03. Januar 2021 um 10:15

Es wäre wünschenswert, wenn beides gut ist. 3 Punkte.