Rezension

Information geht zu Lasten der Spannung

Montecrypto -

Montecrypto
von Tom Hillenbrand

Bewertet mit 3 Sternen

REZENSION – Es ist schon erstaunlich, wie scheinbar mühelos und erfolgreich Tom Hillenbrand (49) in seinen Romanen die Genres wechselt. Kannte man ihn anfangs vor allem als Autor humorvoller Kulinarik-Krimis, dann mit „Drohnenland“ (2014) als Autor eines Thrillers, stieg er mit „Hologrammatica“ (2018) und „Qube“ (2020) ins SciFi-Genre um künstliche Intelligenz ein. Jetzt wechselte der Bestseller-Autor mit seinem Wirtschaftskrimi „Montecrypto“ erneut das Genre. Darin befasst er sich nicht nur mit digitaler Krypto-Währung, sondern allgemein mit globaler Finanz- und Geldpolitik.

Nach dem Unfalltod des amerikanischen Start-Up-Unternehmers Greg Hollister mit seinem Privatjet über hoher See, wird Ed Dante von Hollisters Schwester beauftragt, nach dessen heimlich in Bitcoins angelegten Milliardenvermögen zu suchen, das internationale Medien bald in Anlehnung an Alexandre Dumas' Abenteuerroman „Der Graf von Monte Christo“ als „Montecrypto“ bezeichnen. Dante, einst mitverantwortlich für die Pleite der Investmentbank Gerard Brothers – vergleichbar der Pleite der US-Investmentbank Lehmann Brothers im Jahr 2008 –, ist inzwischen ein auf Finanzwirtschaft spezialisierter Privatdetektiv. Als Ermittler ist er allerdings „anders als Sam Spade“, der legendäre Protagonist in Dashiell Hammetts Krimi „Der Malteser Falke“. Dante ist kein knallharter, eher ungelenker Ermittler: „Sam Spade kann so etwas vermutlich, ohne sich das Sprunggelenk zu verstauchen, Dante nicht.“

Statt selbst als Ermittler die Richtung vorzugeben, wird Dante vom FBI und bald von der weltweiten Massenhysterie unzähliger Schatzsucher sowie ausländischer Geheimdienste getrieben. Unterstützt wird er auf der Jagd durch die USA, die Schweiz und Mexiko von der Journalistin und Bloggerin Mercy Mondego. Bald erkennt Dante, dass es in diesem Fall um weit mehr geht als um einen Krypto-Schatz – nämlich um die Zerstörung unseres Geld- und Währungssystems: Der verstorbene Greg Hollister scheint ähnlich wie Dumas' Graf von Monte Christo dazu seinen Milliardenschatz postum zu nutzen.

Hillenbrands Wirtschaftskrimi „Montecrypto“ hat trotz aller Faszination wie viele Romane dieses Genres eine Schwäche: Fast bis zur Mitte des Thrillers erklärt uns der Autor in verwirrenden Einzelheiten die globale Geldwirtschaft, die Besonderheiten der modernen digitalen Krypto-Währung und deren Unterschied, aber auch Gemeinsamkeit mit herkömmlichen Geld: „Geld ist kondensierte Hoffnung, ist Glaube, …. Glaube daran, dass die eigene Gier gerechtfertigt ist.“ Denn an Goldreserven als Gegenwert und Sicherheit, wie manche noch glauben, sind weder der Dollar noch die Bitcoins gekoppelt.

Erst in der zweiten Hälfte gewinnt der Finanzthriller an Fahrt und Spannung, wenn wir mit Dante und Mercy endlich auf Jagd nach dem Täter sind. Betrachtet man allerdings den rein literarischen Teil des Romans, lassen also den ausgezeichnet recherchierten Sachverhalt um Geldwirtschaft und digitale Krypto-Währungen unberücksichtigt, enttäuscht besonders der Schluss, erinnert er doch zu sehr an die Schlussszene alter Bond-Filme, wenn Agent 007 nach der Explosion des Ganoven-Hauptquartiers mitten auf hoher See im Schlauchboot sein Bond-Girl im Arm hält.

Auch die Lösung der bereits begonnenen globalen Finanzkrise ist dann doch zu simpel und wird als letztes Kapitel scheinbar lustlos angefügt. Dies steht allzu sehr in krassem Gegensatz zu den sonst ausgezeichnet recherchierten Zusammenhängen und Wirken des internationalen Finanz- und Geldwesens. „Montecrypto“ ist deshalb zwar ein vom Thema her faszinierender, für Laien sehr informativer, vor allem im zweiten Teil auch spannender, zum Ende hin aber enttäuschender, letztlich doch nur befriedigender Roman.