Rezension

interessante Einblicke

Schuld - Ferdinand von Schirach

Schuld
von Ferdinand von Schirach

Bewertet mit 5 Sternen

Ein typischer Schirach mit dem ihm eigenen Sprachstil. Nüchtern und sachlich werden Fakten aufgeführt und ohne Emotionen berichtet. Aber die Schicksale, die er schildert, haben eine unglaubliche Wucht. Als Strafverteidiger muß er natürlich Straftäter verteidigen, was nicht immer einfach ist. Auch wenn er dies nicht schreibt, merkt man ihm die Last, die manches Mal auf seinem Gewissen liegt, an. Vor allem in der ersten Geschichte. Aber manche andere Menschen zu verteidigen ( arme Teufel, vom Schicksal gebeutelte oder Frauen, die sich nicht anders zu helfen wußten), erscheint gut und richtig. Manche Geschichten gehen echt unter die Haut und es gibt nicht immer Gerechtigkeit, bei anderen Geschichten stockt einem der Atem und bei wieder anderen muß man schmunzeln (ich denke da an die Hilflosigkeit angesichts des durchfallkackenden Hundes im teuren Auto). Gelacht habe ich bei der letzten Geschichte. Solche Stories kenne ich gut, da ich mit solchen Menschen arbeite. Aber das mal so nüchtern geschildert zu bekommen, das hat was. 

Insgesamt ein typischer Schirach, fesselnd, spannend und mit schlimmen Schicksalen. Aber nicht ganz so stark wie der Vorgänger. Vielleicht, weil er da schon die besten Geschichten / Fälle genommen hat, vielleicht auch, weil man sich an den Stil etwas gewöhnt hat und es nicht mehr so etwas völlig Neues ist. Auf jeden Fall lesenswert. Ich bin immer wieder erschüttert, was für Leben andere Menschen führen und wie das Schicksal ihnen immer wieder in die Suppe spuckt. Besonders schlimm finde ich, wenn die Opfer so völlig hilflos und ohnmächtig sind und in ausweglosen Situationen feststecken (häusliche Gewalt, Kindesmißbrauch, Mobbing) und jeder Versuch, sich zu befreien und der Qual ein Ende zu machen, alles nur noch schlimmer macht. Das ist so entsetzlich, dass es kaum zu ertragen ist. Daher hallen manche der Geschichten auch lange nach.