Rezension

Interessante Geschichte – Unsympathischer Protagonist

Narbenfrau - Gerlinde Friewald

Narbenfrau
von Gerlinde Friewald

Bewertet mit 4 Sternen

Worum geht’s?

Der Mord an einer ehemaligen Mitschülerin führt BKA – Profiler Nick Stein zurück in seinen Heimatort Mödling. Seine private Verbindung sowohl zum Opfer als auch zu einem Großteil der Verdächtigen disqualifizieren ihn eigentlich als objektiven Ermittler, doch als bester Mann seiner Behörde kann er darauf natürlich keine Rücksicht nehmen. Auf der Suche nach dem Täter muss Nick ziemlich tief in vergessen geglaubten Geschichten, neuen Verstrickungen und seiner alten Freundesgruppe graben, und taucht so in den reinsten Sumpf der Crème de la Crème von Mödling ein.

 

Meine Meinung

Die Grundidee des Kriminalfalls hat mir in diesem Buch wirklich gut gefallen. Sobald die ersten Hinweise und Spuren aufgetaucht waren, war das Tempo der Geschichte eigentlich durchgehend hoch genug um keine Langeweile aufkommen zu lassen und mein Interesse aufrecht zu erhalten – wenn da nicht der dezent anstrengende Protagonist gewesen wäre.

Mein größtes Problem mit Nick Stein war eigentlich, dass er sich selbst andauernd jedem gegenüber so überlegen fühlt. Gleichzeitig findet er diesen Charakterzug bei anderen Kollegen aber unglaublich nervtötend, was mir wiederum auf die Nerven gegangen ist.

Darüber hinaus habe ich nicht ganz verstanden, warum der Protagonist so einen unglaublichen Frauenverschleiß haben musste. Dass sein Ruf als Frauenheld einen Charakterzug von ihm darstellen soll – okay. Aber nachdem er dann seine vierte Neue innerhalb kürzester Zeit hatte, war mir das irgendwo einfach etwas zu viel, zumal das gefühlt die einzige existente Komponente seines Privatlebens zu sein scheint und es keinerlei andere Nebenhandlung gibt.

Gut gemacht fand ich im Gegensatz dazu den Aufbau des Mordfalls. Auch wenn die Hinweise auf den Täter zunächst nur sehr dünn gestreut waren hatte ich nicht das Gefühl, dass die Aufklärung völlig an den Haaren herbeigezogen wurde oder zu einem Großteil auf absolutem Zufall basierte.

Halte ich es für realistisch, dass das BKA gefühlt nur einen Ermittler hat, der dann auch noch mangels adäquatem Ersatz so tief in seinem privaten Umfeld ermitteln darf? Eher nicht. Aber auch, wenn dieser Bestandteil der Geschichte etwas arg konstruiert wirkt, wurde die Ermittlungsarbeit so spannend erzählt, dass ich mir irgendwann gar nicht mehr die Frage gestellt habe, ob man da auf der Führungsebene überhaupt nachdenkt.

 

Fazit

Auch wenn die Handlung an sich dynamisch und spannend erzählt wurde, bin ich mit dem Protagonisten einfach nicht so wirklich warm geworden. Krimifans können an diesem Buch prinzipiell durchaus ihren Spaß haben, wer hier allerdings mit einem klassischen Ermittler oder einem Privatleben, das nicht ganz so over the Top ist rechnet, der wird in diesem Punkt eventuell ziemlich enttäuscht werden.

Für den spannenden Mordfall vergebe ich daher vier Bücherstapel und versuche, mich nicht zu sehr über den Protagonisten zu ärgern.