Rezension

Ein gelungener Auftakt einer österr. Krimi-Reihe

Narbenfrau - Gerlinde Friewald

Narbenfrau
von Gerlinde Friewald

Bewertet mit 4 Sternen

Nach Jahren in den USA kehrt der Kriminalpsychologe Dr. Nick Stein wieder nach Wien und arbeitet als Sonderermittler im Bundeskriminalamt (BKA) Österreich zurück.

 

Ein Frauenmord in Mödling führt ihn in seine Vergangenheit zurück, denn die Tote ist Susanne Rippel, eine Schulkollegin, die von der Mehrzahl der Mitschüler ob ihrer nicht so attraktiven Figur verspottet worden ist. Die Ermittlungen bringen Nick wieder mit seiner ehemaligen Clique zusammen. Einige haben beruflich Karriere gemacht wie Daniel, der Restaurantbesitzer, oder Steuerberater Werner oder Carl, der als Beauty-Doc gemeinsam mit Carina eine gut gehende Praxis führt.

 

Nick werden zwei lokale Polizisten, Peter und Monika, zu Seite gestellt. Gemeinsam stochert das Trio im Umfeld der Toten, die mit einigen ihrer Ex-Schulkollegen einem ungewöhnlichen Hobby frönt.

 

Dann wird - während Nick mit seiner neuen Flamme Isabella einen trauten Abend verbringen will - eine zweite Frau auf ähnlich Art ermordet aufgefunden.

 

Mödlings Bürgermeister fürchtet um den gute Ruf seiner Stadt. Treibt sich ein Serienmörder in der Kleinstadt herum?

 

Meine Meinung:

 

Mir hat dieser Auftakt zu einer Krimi-Reihe aus Österreich gut gefallen. Dieser Krimi ist bereits 2009 unter dem Titel, der mir übrigens auch sehr gut gefällt, „Faltenfrei“ erschienen.

 

Der Schreibstil ist locker und flüssig. Die Spannung hält sich bis zum Showdown, der die Leser nochmals Nägel kauen lässt.

 

Die Handlung ist in Mödling, einer Kleinstadt im Süden Wiens angesiedelt. Mir hat es Spaß gemacht, dort auf Mörderjagd zu gehen, denn ich kenne Mödling ein bisschen. Dass ausgerechnet auf dem Gelände der Burg Liechtenstein,ist ein nettes lokalpolitisches Detail. Immerhin ist die majestätische Burg der Stammsitz des Hauses Liechtenstein. Die Anfänge der Burg gehen bis ins 12. Jahrhundert zurück und ist ein beliebtes Ausflugsziel.

 

Die Charaktere sind vielschichtig angelegt. Jede Figur hat so ihre Ecken und Kanten. Nick Stein als Hauptfigur ist natürlich besonders detailliert angelegt. Rund um vierzig, gut aussehend, gut situiert, geschmackvoll gekleidet, intelligent und mit einer Schwäche für das andere Geschlecht. Da hat es mir manchmal missfallen, dass er so unüberlegt (und unter Alkoholeinfluss) mit zahlreichen Frauen, die seinen Weg kreuzen, ins Bett steigt.

 

Apropos Bett: Sex spielt in diesem Krimi, wie schon in den ersten Seiten ersichtlich - durchaus eine Rolle. Nicht immer knisternde Erotik, sondern eher die handfeste, unübliche Art. Der Autorin ist es gut gelungen, diese Szenen nicht ins Vulgäre abgleiten zu lassen.

 

Gerlinde Friewald schafft es, die Leser durch geschickte Winkelzüge an der Nase herumzuführen. Die Leser und die Ermittler haben ungefähr den gleichen Wissensstand. Da lässt sich trefflich spekulieren!

 

Mit dem Showdown schließt sich der Kreis zu den ersten Seiten. Dieser schreibtechnische Kunstgriff hat mir grundsätzlich gut gefallen. Die Situation, dass, als Nick telefonisch nicht erreichbar ist und Peter, Monika, der Gerichtsmediziner Robert Hofer und die Mitarbeiterin Samantha aus dem BKA losstürmen, um ihn zu suchen, ist einen Hauch zu dick aufgetragen.

 

Wer mir neben Nick ans Herz gewachsen ist, ist Robert Hofer. Eine Koryphäe in seinem Fach zugleich durchaus schwarzhumorig. Zwischen Robert und Nick gibt es immer wieder köstliche Dialoge, die gut gelungen sind.

 

Auch wenn in Wirklichkeit das Ermittlerteam aus mehr als drei/vier Personen besteht, bekommen wir einen Einblick in die Arbeit der Kriminalisten. Ergänzt wird der Krimi dann im Nachwort durch Max Edelbacher (ehemaliger Leiter des Sicherheitsbüros in Wien), der über Leichenkommissionierung und ähnliches berichtet.

 

Nur zur Info: Ein Wiedersehen mit Nick Stein ist möglich. Sein 2. Fall heißt „Stille Schuld“ (früher „Schuldfrei“/2015)

 

Fazit:

 

Ein gut gelungener Auftakt zu einer österreichischen Krimi-Reihe, dem ich gerne 4 Sterne gebe.