Rezension

Jeder hat ein happy End verdient - Geschichte über Mut, Hoffnung und Freundschaft, allerdings zäh, zu gewollt und am Thema vorbei erzählt.

Das Glück der Geschichtensammlerin -

Das Glück der Geschichtensammlerin
von Sally Page

Bewertet mit 3 Sternen

Janice ist eine Putzfrau, eine außergewöhnliche und in Cambridge sehr gefragte Putzfrau. Wenn sie bei den Hausbesitzern saubermacht, hört sie sich ihre Geschichten an und sammelt sie in ihrer imaginären Bibliothek. Sie mag ihre Putzstellen und die Menschen, die sich hinter den Fassaden verbergen, bis auf ein exzentrisches Ehepaar und dann wird sie auch noch gebeten, bei der Mutter des Mannes zu putzen. Widerstrebend lässt sie sich auf ein Kennenlernen ein und trifft auf eine unfreundliche, überhebliche alte Lady, die jedoch die erste ist, die sich nach Janices Geschichte erkundigt. Janice bleibt und während Mrs B ihr eine Geschichte über Becky erzählt, beginnt auch Janice sich zu öffnen und ihre persönliche Geschichte zu offenbaren. Denn alle Menschen haben Geschichten und jeder verdient es, gesehen und gehört zu werden.

Im Fokus der Handlung steht Janice, die Putzfrau, die sich von einer zurückhaltenden Personen, die sich stets immer mehr um andere sorgt als sich selbst und seit einem Kindheitstrauma eine Schuld mit sich trägt, zu einer selbstbewussteren Frau entwickelt, die ihre Stimme erhebt, für sich einsteht und ihre Selbstgeißelung beendet, sich letztlich selbst verzeiht und es sich erlaubt, glücklich zu sein.

Solange sammelt sie Geschichten über andere Personen und gibt sich keinen Raum für ihre eigene Geschichte. Der Grund dafür ergibt sich erst allmählich und ist nachvollziehbar, schließlich geht es um belastende Aspekte, die sie verdrängen und ausblenden möchte.
Die neue Putzstelle bei Mrs B ist der Auslöser dafür, sich ihrer Vergangenheit zu stellen, denn die selbstbewusste, ruppige ältere Dame erzählt ihr eine Geschichte, in der sich Janice wiederfindet. Dabei wird jedoch nicht verständlich, wie Mrs B daraufkommt, Janice diese Geschichte zu erzählen. Selbst als ehemalige Spionin konnte sie keine Details aus Janices Kindheit kennen. An der Stelle - und die Geschichte über Becky nimmt viel Raum ein - ging das Konzept des Romans für mich nicht wirklich auf. Auch fand ich nicht nachvollziehbar dargestellt, was Janice als Geschichtensammlerin ausmacht. Allein das Zuhören während des Putzens? Zudem werden ihr bis auf von Mrs B keine Geschichten erzählt, sondern Janice erhält einfach nur Einblicke in die Leben ihrer Arbeitgeber.

Dass sich Janice letztlich öffnet und ihre Geschichte preisgibt, sich den Dämonen der Vergangenheit stellt und sich versöhnt, ist der interessanteste Teil des Romans, aber um die Geschichte zu tragen, zu wenig.
Das Buch hat mit einigen originellen Charakteren zwar seinen Charme, ist aber alles andere als fesselnd.
Die Vielfalt der Themen ist gehaltvoll, denn die Figuren müssen sich mit Alkoholsucht, Suizid, Tod, Trauer, Schuld und toxischen Beziehungen auseinandersetzen. Die Stimmung ist deshalb zumal melancholisch, die überspitzt dargestellten Charaktere und aberwizige Situation nehmen dem Roman allerdings die Schwere. Freundschaft, Mut und Hoffnung begleiten Janices Entwicklung und so ist erhebend zu lesen, dass am Ende Janice erkennt, dass auch ihre Geschichte ein Happy End verdient hat.