Rezension

Lässt erst zum Schluss die Korken knallen

Silvester -

Silvester
von Martin Österdahl

Bewertet mit 3 Sternen

Das Teenager-Liebespaar Ebba und Marlon hat einen Plan: An Silvester sollen sich die Elternpaare im feierlichen Rahmen kennenlernen. Doch so gut es in der Theorie klingt, geht es in der Praxis nicht auf. Denn die Eltern kennen sich von früher und es sind eindeutig keine guten Erinnerungen. 

"Silvester" von Martin Österdahl ist ein Psychothriller, der die Korken zu früh knallen lässt, dafür in einem berauschenden Finale ausklingt.

Bei dem Buch fand ich das Cover mit dem großen Pool, den Titel und die Inhaltsbeschreibung interessant. Wenn ich schon kein Weihnachtsbuch gelesen habe, dann hat dieses Jahr zur Abwechslung ein Silvesterbuch zu bieten - war mein Gedanke.

Den Anfang fand ich richtig gut und hat er mich sofort neugierig auf mehr gemacht. Denn als Leser:in kommt man am Neujahrstag an und darf zwei abscheulich zugerichtete Leichen im Pool begutachten. Danach geht es an den Silvesterabend zurück, der all das in die Gänge brachte.

Obwohl das Teenager-Liebespaar Ebba und Marlon Drahtzieher hinter dem katastrophal endeten Silvester-Abend sind, nimmt es eine Nebenrolle ein. Sie sind über beide Ohren verliebt und zwar in dem Ausmaß, dass sie die Finger nicht voneinander lassen können. Die jugendliche Verliebtheit geht ihrer Meinung nach weit über das Normale hinaus. Sie sind sich hundertprozentig sicher, ihren Seelenverwandten gefunden zu haben. 

Deshalb wünschen sie sich, von den Eltern als Paar akzeptiert zu werden. Sie denken, dass ein gemeinsamer Silvesterabend die Ernsthaftigkeit ihrer Absichten unterstreicht.

Damit schwingt die Geschichte zur Hauptfigur der Handlung: Ebbas Mutter Lisa steht im Mittelpunkt und hat einen fürchterlichen Lauf. In der Arbeit hat es einen Diebstahl gegeben, ihr Ehemann steht neben sich und dann kommen auch noch Marlons Eltern zum Neujahrsauftakt.

Als es klingelt und sie ihnen die Haustür öffnet, bleibt ihr vor Schreck die Luft weg: Camilla und Sören stehen davor. Ein Paar, mit dem sie - aus verständlichem Grund - vor über 15 Jahren gebrochen hat.

Nachdem die Luft wieder in die Lungen gelangt, beschließt Lisa sich ihrer Tochter zuliebe zusammenzunehmen, und den Abend mit zusammengebissenen Zähnen durchzustehen.

Es folgt ein mühsamer Abend für die Elternteile, weil zwischen ihnen Gravierendes vorgefallen ist und sie sich allesamt in guter Miene zum bösen Spiel üben. Mich interessierte, was damals geschehen ist und warum sie sich trotzdem den gemeinsamen Abend antun. Hierzu werden Rückblenden eingebaut, die Licht auf die Vergangenheit werfen.

Die Passagen aus der Vergangenheit empfand ich als mühselig, weil schnell klar war, was damals geschehen ist. Der Abend gleicht einem Eiertanz, aber genauso wird auch mit dem Vorfall der Vergangenheit umgegangen. Man hofft, dass man es endlich im Rückblick erfährt, damit man es hinter sich hat.

Eine Überraschung sollte vermutlich für einen Wow-Effekt sorgen. Allerdings liegt diese äußerst früh auf der Hand, sodass ich nur mehr auf die Bestätigung meiner Annahme wartete.

Dennoch punktet der Spannungsroman mit einem richtig knallenden und mitreißenden Finale. Nach ungefähr drei Viertel fand ich das Buch großartig und wollte es nicht aus der Hand legen. Wenn der Mittelteil etwas findiger aufgebaut gewesen wäre und vielleicht mehr Tiefe oder weniger Themen bedient hätte, dann würde darin wahres Highlight-Potential stecken.

So ist „Silvester“, meiner Meinung nach, ein solider Psychothriller für zwischendurch, der nach einem exzellenten und überraschenden Beginn durch einen spannungsarmen Mittelteil schlingert, um am Ende brillant die Korken zu knallen. Insgesamt habe ich es gern gelesen, hätte mir aber mehr Spannung gewünscht.