Rezension

Leben in einem Gewebe prächtiger Lügen

So, und jetzt kommst du
von Arno Frank

Bewertet mit 4 Sternen

Eine Familie auf der Flucht: Vater, Mutter und drei Kinder. Der Vater ein Betrüger, der sich mit seiner Familie mit unterschlagenem Geld nach Frankreich absetzt. Es beginnt ein wunderschönes Leben für alle, bis das Geld zu Ende ist. Dann setzt sich die Flucht fort, es folgen der Abstieg, der Hunger: ein Leben in einem „Gewebe prächtiger Lügen“ (S. 345) mit allen Facetten, die nur denkbar sind. Es droht immer die Angst vor der Polizei und vor Interpol.

Arno Frank beschreibt ein Leben, das auf Kosten der Kinder geht. Der älteste Sohn erzählt die Geschichte aus seiner Sicht, damit zieht er den Leser schnell in seinen Bann. Ergreifend wird es, wenn er seine Angst formuliert: „Mein Herz ist ein Kaninchen, das langsam erdrosselt wird.“ (S. 300) Wie ernst ist da der Satz des Vaters gemeint, wenn er seine Ideen an den Sohn gebracht hat, um dann zu sagen: „So, und jetzt kommst du“?

Das Buch liest sich leicht und flüssig, doch je länger die Flucht dauert, umso mehr Mitleid empfindet der Leser mit den Kindern. Sie sind die wahren Verlierer in dieser Geschichte. Spannend ist  zum einen die Flucht: die Frage, ob das Benzin reicht, um nach Paris zu kommen, ob das Geld reicht, um sich etwas zum Essen zu kaufen, ob der Vater eine geeignete Zuflucht findet und wie lange die Familie dort bleiben kann. Doch auch die Entzauberung des Vaters hat ihren Platz, wenn der Sohn anfangs mit viel Begeisterung den Vater nachahmen möchte, um zunehmend seine Schattenseiten wahrzunehmen, bis hin zur Angst und Perspektivlosigkeit auf den letzten Etappen der Flucht.
Sehr berührend geschrieben: eine Kindheitserinnerung mit einem äußerst düsteren Geheimnis.