Rezension

Liebe oder doch Hörigkeit?

Hingabe -

Hingabe
von Bénédicte Belpois

Bewertet mit 4 Sternen

Tomas bekommt die Diagnose Krebs. Er, der reiche Bauer, lebt in einem spanischen Dorf, hat sich in seiner etwas grobschlächtigen Art gut eingerichtet. Wie jeden Tag sitzt er bei Alvaro und dann sieht er  sie – Suiza. Seine Männlichkeit kennt kein Pardon, er will sie jetzt und gleich, schleppt sie förmlich ab. Und sie, die vermeintliche Schweizerin, lässt alles mit sich geschehen. Willenlos sie, triebgesteuert er.

„Eine ungewöhnliche Liebe, die mit hemmungsloser Gier beginnt und in unendlicher Hingabe mündet“ - so wir dieser Roman beworben.

Ungewöhnlich ja und nein. Ja, weil diese Geschichte zwischen zwei Menschen abläuft, die sich gegenseitig magisch anziehen. Tomas ist der dominante Part, nimmt sich alles Recht der Welt heraus, sie zu besitzen. Suiza folgt ihm und es scheint, als ob sie keinen eigenen Willen hat, sie gibt sich ihm hin, bedingungslos. Es ist seine unbändige sexuelle Lust, die ihn immer wieder alles andere vergessen lässt. Sie verkörpert den unselbständigen, ängstlichen, sehr anhänglichen Typ, der sich aufgibt, um ein wenig Sicherheit zu bekommen. Aber ist dieses Verhalten wirklich so ungewöhnlich? Die Autorin hält unserer Gesellschaft einen Spiegel vor. Noch immer ist es der stärkere, potentere - egal welchen Geschlechts - der bestimmt, wo es lang geht. Um eines vermeintlichen Vorteils willen gibt sich so mancher auf, läuft ziel- und planlos hinterher und merkt gar nicht, wie er sein Leben verspielt. Lieber eine Beziehung in Abhängigkeit als alleine sein.

Hier sehen und begleiten wir einen Mann, der gegen seine Krankheit ankämpft. Hormongesteuert stellt er alles hintan, um diese Frau zu besitzen. Von Suiza, die eigentlich Französin ist und anders heißt, erfahren wir nicht so viel. Es sind eher Andeutungen, was sie alles Schreckliches in ihrem jungen Leben aushalten musste. Für mich ist diese „Hingabe“ eine sehr schön erzählte Episode im Leben zweier Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Erotisch? Eher animalisch, triebhaft, sehr launisch und zuweilen liebevoll, aber auch sehr kindlich, unreif sogar.

Ich bin einerseits fasziniert von dem, was ich hier lese, aber zugleich abgestoßen. Es wird nicht alles auserzählt und doch weiß man als Leser genau, was gemeint ist, kann Tomas und Suiza folgen, auch wenn man ihre Handlungsweise nicht immer gut heißen mag, ja zuweilen verurteilt.

Dieser Roman ist anders als erwartet, er hat mich sofort gefesselt, immer weiterlesen lassen. Wer diese Mischung aus sexueller Gier und Leidenschaft, aus Fürsorge und Abhängigkeit mag, ist hier gut bedient.