Rezension

Man braucht nichts im Leben zu fürchten, man muss nur alles verstehen. (Marie Curie)

Die Schokoladenfabrik – Das Geheimnis der Erfinderin -

Die Schokoladenfabrik – Das Geheimnis der Erfinderin
von Rebekka Eder

Bewertet mit 4 Sternen

1862 Köln. Anna Sophia und Franz Stollwerck sind mit ihrer Schokoladenfabrik inzwischen recht erfolgreich und ihre gemeinsamen Söhne im heiratsfähigen Alter. Die Tochter der Nachbarn, Apollonia Krusius wäre eine geeignete Ehekandidatin, aber diese möchte viel lieber studieren und sich ihrem Erfindergeist widmen. Als ihr Vater stirbt und ihr Onkel sie mit dem ältesten Stollwerck-Sohn Nikolaus verheiraten will, versucht sie sich zur Wehr zu setzen, doch dann kommt ihr die Liebe dazwischen, denn der jüngere Bruder Heinrich Stollwerck erobert ihr Herz im Sturm. Bei Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges steht die junge Liebe, vor allem aber Apollonia vor großen Herausforderungen…

Rebekka Eder hat mit „Das Geheimnis der Erfinderin“ den zweiten Band ihrer historischen Stollwerck-Saga vorgelegt, der nicht nur sehr gekonnt Fiktion mit realen Fakten verbindet, sondern dem Vorgängerband in Spannung und Unterhaltung in nichts nachsteht. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser ins vergangene 19. Jahrhundert ein, wo er nicht nur erneut auf Anna Sophia, Franz und deren Familie trifft, sondern vor allem die junge Apollonia Kruse kennenlernt, die sich mit ihrem Wissensdurst, technischem Erfindergeist und ihrer rebellischen Art schnell ins Herz des Lesers schleicht. Über wechselnde und abwechslungsreiche Perspektiven bringt die Autorin ihre Geschichte dem Leser näher. So reist man zwischendurch Schiff nach Afrika und Amerika, um dort neben der Sklavenarbeit auch die Kakaobohnengewinnung mitzuerleben. Oder man treibt sich in der Schokoladenfabrik herum und erfährt einiges über die Entstehung der unterschiedlichsten Erzeugnisse sowie die Gestaltung der Verpackungen. Gleichzeitig spinnt die Autorin ihre Fäden innerhalb der Familie und deren zwischenmenschlichen Beziehungen weiter, baut unerwartete Wendungen mit ein und lässt so den Spannungslevel immer wieder in die Höhe schnellen. Auch der Krieg und die damit einhergehenden Veränderungen finden Einzug in die Handlung, ebenso interessant eingewebt ist die Rollenverteilung innerhalb der Gesellschaft, wobei einmal mehr deutlich wird, dass man Frauen damals außer Ehefrau und Mutter nur wenig zutraute.

Die Charaktere sind lebendig und realistisch in Szene gesetzt, so dass der Leser sich schnell unter ihnen wiederfindet, mit ihnen hofft, bangt und fiebert. Apollonia ist eine sympathische, junge Frau, die sich durch eine gesunde Neugier sowie Intelligenz auszeichnet. Sie ist klug, dabei manchmal etwas störrisch, doch durchweg liebenswert. Anna Sophia und Franz Stollwerck haben gemeinsam mit Liebe, Fleiß und Ideenreichtum viel erreicht. Während Anna Weitblick besitzt, besticht Franz durch seine Warmherzigkeit, die er auch an seinen Sohn Heinrich vererbt hat. Heinrich ist technisch versiert und hält mit seinem Wissen die Herzstücke der Fabrik am Laufen. Aber auch andere Protagonisten wie z.B. Kaspar Rockstroh bringen Spannung und Farbe in die Handlung.

„Das Geheimnis der Erfinderin“ unterhält mit einer gelungenen Mischung aus Historie, Familiengeschichte, Liebe, Geheimnissen, Reisen und viel Hintergrundwissen rund um die Herstellung von Schokolade, wobei der Leser während der kurzweiligen Lektüre ein farbenfrohes Kopfkino erleben darf. Verdiente Leseempfehlung für diesen abwechslungsreichen Schmöker!