Rezension

Mein böses Herz

Mein böses Herz - Wulf Dorn

Mein böses Herz
von Wulf Dorn

Bewertet mit 5 Sternen

Was tust du, wenn du nicht mehr weißt, was Realität ist und was Fantasie? … Seit dem Tod ihres Bruders wurde Doro von Halluzinationen verfolgt, aber eigentlich dachte sie, das in den Griff gekriegt zu haben. Doch als sie mit ihrer Mutter aufs Land zieht, scheint die neue Umgebung erneut etwas in ihr auszulösen. Stimmen verfolgen sie. Und eines Nachts sieht Doro in ihrem Garten einen Jungen: verstört, abgemagert, verzweifelt. Der Junge bittet sie um Hilfe – und ist dann verschwunden. Wenig später erfährt Doro, dass er schon vor ihrer Begegnung Selbstmord begangen hat. Doro kann nicht glauben, dass sie sich den Jungen nur eingebildet hat. Doch die Suche nach der Wahrheit wird schnell zum Albtraum. Und tief in Doros Seele lauert ein dunkles Geheimnis …

Spannender Jugendroman mit Thrill

„Mein böses Herz“ ist der erste Jugendthriller des Autors Wulf Dorn, der selbst seit vielen Jahren in der Psychiatrie arbeitet. Der Roman handelt von der jungen Doro, deren Familie von einem schweren Schicksalsschlag heimgesucht wurde: Ihr kleiner Bruder Kai starb und Doro fand ihn tot in seinem Bettchen. Seitdem ist sie in psychischer Behandlung, weil sie immer wieder Stimmen hört und Halluzinationen hat. Die Psychiater sind sich einig: Doro verdrängt eine traumatische Erinnerung – irgendetwas muss kurz vor Kais Tod vorgefallen sein, das mit ihr zusammenhängt. Denn sie erinnert sich partout nicht an die Stunden, bevor sie ihn fand. Doch mit den Geschehnissen in ihrem neuen Wohnort kehren langsam, aber sicher die Erinnerungen zurück …

Soviel zur Handlung vorab, obwohl ich hier noch viel mehr schreiben könnte. Denn das hat mir an „Mein böses Herz“ besonders gut gefallen: Es geht nur vordergründig um Doro und das, was sie in ihrem neuen Heimatort Ulfingen erlebt. Tatsächlich hat sich Wulf Dorn in seinem ersten Jugendthriller aber nichts anderes auf die Fahne geschrieben, als das Thema der Behandlung psychisch kranker Menschen durch die Gesunden. Doro kämpft fortwährend darum, nicht als „Psycho“ abgestempelt zu werden, ihre Glaubwürdigkeit zurückzuerlangen. Bald schon weiß sie nicht mehr, was real und was Einbildung ist. Und wenn man sich selbst nicht einmal mehr trauen kann, wie können es dann die Mitmenschen?

Des Weiteren geht es auch darum, dass in jedem Menschen eine „böse Seite“ wohnt, was auch schon der Titel mit dem Gegensatz von „böse“ und „Herz“ aussagt. Ja, Wulf Dorn gibt einem hier auch viel zum Nachdenken, und das als Zugabe zur spannenden Unterhaltung!

Ich konnte teilweise beim Lesen gar nicht glauben, dass dieser Roman von einem erwachsenen Mann geschrieben wurde. Alles, was Doro ausmacht, kommt sehr realistisch und authentisch herüber. Oft hat man beim Lesen anderer Jugendromane von Erwachsenen das Gefühl, dass Verhalten der Jugendlichen sei irgendwie „aufgesetzt“ und es kommt völlig übertrieben rüber, angefangen bei der Sprache bis hin zu den Gedankengängen. Bei „Mein böses Herz“ ist all dies nicht der Fall.

Bis zuletzt habe ich mitgefiebert, denn der Spannungsbogen wird durchweg aufrecht erhalten. Erst ganz am Schluss lösen sich die Ereignisse auf und erst dann weiß der Leser, was in den Stunden vor dem Tod von Doros Bruder passiert ist und ob sie tatsächlich immer noch psychisch krank ist, oder nicht. Außerdem war für einen Schisshasen wie mich der Gruselfaktor genau richtig. Ich sollte wohl öfter zu Jugendthrillern greifen …

Wer einen durchweg spannenden Jugendroman mit Thrill sucht, der auch ein wenig zum Nachdenken anregt, tut mit “Mein böses Herz” definitiv den richtigen Griff. Es wird auf jeden Fall nicht mein letzter (Jugend-)Roman von Wulf Dorn gewesen sein. Klasse!

5 von 5 Sternchen