Rezension

"Mein Wissen über Kunst endete im Impressionismus." (Peggy Guggenheim)

Miss Guggenheim - Leah Hayden

Miss Guggenheim
von Leah Hayden

Bewertet mit 4 Sternen

1941. Als die Nationalsozialisten sich immer mehr in Europa breit machen, sieht die Kunstsammlerin Peggy Guggenheim, die selbst jüdischer Abstammung war, keinen anderen Ausweg, als mit ihrer Familie, ihrem Geliebten, dem Maler Max Ernst, und ihrer Gemäldesammlung im Gepäck per PanAm Clipper von Lissabon nach New York zu flüchten, bevor dies für Auswanderer nicht mehr erlaubt war. In Amerika sucht Peggy geeignete Räumlichkeiten, um sich endlich den Wunsch einer eigenen Galerie zu erfüllen und ihre Sammlung der Öffentlichkeit preiszugeben. Peggy etabliert sich auch als Mäzenin, die viele Künstler gefördert hat und an deren Erfolg sie maßgeblich beteiligt ist. Die Beziehung zu Max Ernst verläuft sich bald, denn Peggy ist niemand, der sich mit einer Nebenrolle begnügt. 1947 schließt Peggy ihre New Yorker Galerie, bricht ihre Zelte ab und kehrt nach Europa zurück, um sich in Venedig niederzulassen…

Leah Hayden hat mit „Miss Guggenheim“ einen akribisch recherchierten und sehr informativen Roman vorgelegt, der die bekannte Kunstsammlerin Peggy Guggenheim für den interessierten Leser wieder lebendig werden lässt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser schnell ins vergangene Jahrhundert schlüpfen, um über zwei Zeitebenen das Leben und Wirken von Peggy Guggenheim hautnah mitzuerleben. Die Autorin gibt dem Leser nicht nur Einblicke in das Privatleben der Protagonistin, sondern lässt ihn auch Luft in der damaligen Künstlerszene schnuppern, während große Namen der Kunst vorbeiflanieren, die mit Peggy beruflich und privat verkehrten. Da darf man neben Max Ernst auf Pablo Picasso, Salvador Dali, Jackson Pollock, Mondrian und Kandinsky treffen, deren Gemälde man heute in den Museen der Welt bewundern kann, und beneidet Guggenheim insgeheim dafür, diese Künstler persönlich gekannt zu haben. Die Autorin hat ihre Geschichte gut umgesetzt, mit vielen interessanten Fakten gefüllt und bedient sich einer fesselnden Berichterstattung, die den kunstliebenden Leser an den Seiten kleben lässt.

Die Charaktere wurden von der Autorin sehr lebendig und authentisch in Szene gesetzt, der Leser darf ihnen auf Schritt und Tritt folgen, um selbst ein Gefühl für die damalige Zeit zu bekommen. Peggy Guggenheim ist eine selbstbewusste, extrovertierte und exzentrische Frau, die nicht nur für ihren Traum kämpft, sondern auch mit viel Mitgefühl und Hilfsbereitschaft gesegnet ist. Ihre größte Liebe ist die Kunst und den Kunstschaffenden vorbehalten. Ihr verdankt die Gegenwart einige der schönsten und interessantesten Gemälde und Skulpturen, die ohne ihr Engagement wahrscheinlich zerstört oder verloren gewesen wären. Insgeheim hat sie wohl auch auf ein privates Glück gehofft, doch ihre beiden Ehen haben ihr nicht das gegeben, was sie sich wünschte. Max Ernst ist ein Egomane, der nicht damit zurechtkommt, dass Peggy sich nicht in seinen Schatten stellt.

„Miss Guggenheim“ ist ein farbenfrohes und lebendiges Portrait der damaligen Zeit, vor allem aber eine Homage an eine interessante und wichtige Persönlichkeit der Kunstszene. Verdiente Leseempfehlung für einen spannenden und gefühlvollen Einblick!