Rezension

Mich hat das Buch sehr berührt

Love, theoretically -

Love, theoretically
von Ali Hazelwood

Bewertet mit 5 Sternen

Elsie ist theoretische Physikerin, hat einen Doktortitel und in der Forschung schon beachtliche Erfolge erzielt. Trotzdem hält sie sich mit professionellem Fake-Dating über Wasser. Ihre zahlreichen Jobs als Assistenzprofessorin werfen nicht genug ab, um davon zu leben. Die akademische Welt kann hart sein, aber als theoretische Physikerin ist es dreimal so hart und der Grund dafür steht Elsie plötzlich gegenüber, als sie um ihren Traumjob kämpft: Jack. Jack, der die theoretische Physik vor der ganzen Welt zu einer Lachnummer gemacht hat und dadurch daran Schuld ist, dass es kaum Fördergelder oder Jobs in der Wissenschaft gibt. Jack, der über Elsies Zukunft mitentscheiden wird und sie ständig verunsichert und auf die Palme bringt. Jack, der der Bruder eines ihrer Fake-Dates ist und denkt Elsie wäre Bibliothekarin. Jack, den Elsie hasst und nicht attraktiv finden will. Jack, der Elsie hasst und irgendwie, vielleicht, ein ganz kleines bisschen auch nicht.

 

 

Ich liebe ja die Bücher von Ali Hazelwood und hier ist das nicht anders. Sie schafft es jedes Mal wieder die Welt der Wissenschaft zum Leben zu erwecken und einen die Leidenschaft ihrer Charaktere für eben jene spüren zu lassen, ohne, dass man in Fachwörtern ertrinkt. 

 

Elsie zum Beispiel forscht in einem Feld, das ich nicht verstehe, aber ich mochte sie trotzdem. Sie schlägt sich mit mehreren Jobs durch und wünscht sich verzweifelt, endlich in ihrem Feld Fuß zu fassen, was einfach nicht gelingen will. Jetzt lockt ihr Traumjob, aber ausgerechnet Jack steht dem im Weg.

Elsie ist ein vielschichtiger Charakter, was unter anderem auch daran liegt, dass sie aus vielen verschiedenen Elsies besteht. Sie schlüpft in unterschiedliche Rollen, um zu gefallen, denn das ist es, was ihr am wichtigsten ist. Sie will gefallen, gemocht werden, das Gefühl haben, gut genug zu sein. Warum das so ist, erfährt man auch recht bald und ebenso, dass sie es nicht abstellen kann – zumindest weiß sie nicht wie. Sie spielt zum Beispiel ihrer besten Freundin vor, ihre komischen Lieblingsfilme zu mögen, obwohl sie sie hasst, aus Angst, dass, wenn sie Ecken und Kanten zeigt, sie diese Freundin verlässt. Elsie bricht einem da echt mehrmals das Herz.

 

Aus Jack wird man lange nicht schlau. Er scheint Elsie nicht leiden zu können und spielt mit ihr. Er versucht sie bloßzustellen und begegnet ihr mit viel Abneigung. Doch dann ist er wiederum da, als sie Hilfe braucht. Und obwohl er ihren Fachbereich vor der ganzen Welt lächerlich gemacht hat, scheint er Elsie als Wissenschaftlerin doch irgendwie zu respektieren. Aber wie passen diese verschiedenen Fassetten von Jack zusammen? Gibt es vielleicht ebenso viele Jacks wie es Elsies gibt?

 

 

Fazit: Mir hat das Buch richtig, richtig gut gefallen. Mich hat es mehrmals zum Weinen gebracht. Mir tat Elsie einfach so furchtbar leid. Ich habe auch lange Zeit im Universitätsbereich verbracht und strebte dort eine Karriere an, daher weiß ich, wie schlimm das ist, sich mit schlecht bezahlten Stellen über Wasser halten zu wollen, in der Hoffnung, man bekommt vielleicht doch irgendwann eine Festanstellung, dabei werden die gern unter der Hand vergeben. Ohne Kontakte ist man aufgeschmissen und man weiß nie, ob die Kontakte einem wirklich wohlgesonnen sind, oder doch nur ihre eigenen Pfründe schützen.

 

Ich konnte sehr gut nachvollziehen, warum sie Jack so verabscheute. Auf ihn geht im Prinzip ihre akademische Leidensgeschichte zurück. Er hat die theoretischen Physiker lächerlich gemacht und deswegen bekommen die Experimentellen sämtliche Mittel und Stellen, und die Theoretiker – zu denen auch Elsie gehört – nichts.

 

Gleichzeitig hat sie mir aber vor allem dann das Herz gebrochen, wenn durch kam, warum sie ständig neue Versionen von sich erfand. Weil sie von klein auf das Gefühl hatte, nicht genug zu sein. Sie wollte nur geliebt werden, aber egal, wie perfekt sie sich machte, es reichte nicht. Ihre ständige Angst, als nicht gut genug befunden zu werden brach mir echt das Herz.

 

Aufgelockert wurde das Buch vor allem durch die haarsträubenden Pseudo-Entschuldigungen der Studenten, die sie ständig bekam. Ich hoffe wirklich, dass die der Fantasie der Autorin entspringen und nicht echt sind – fürchte es aber.

 

Mir war es stellenweise etwas arg dramatisch, aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Ich mochte das Buch wirklich richtig, richtig gern, obwohl es mich stellenweise auch etwas runtergezogen hat, weil ich so stark mit Elsie mitgefühlt habe. Von mir bekommt es aber trotzdem 5 Sterne, weil ich es nicht aus der Hand legen konnte.