Rezension

Monday, Monday ...

Moorgrab -

Moorgrab
von Eva-Maria Silber

Bewertet mit 3 Sternen

Kriminalhauptkommissar Herbert Montag hat seine erste Ehe in den Sand gesetzt, weil er fremdgegangen ist. Seine zweite Ehe hat er in den Sand gesetzt, weil er fremdgegangen ist. Nun steht er vor den Scherben seiner dritten Ehe, weil seine Frau fremdgegangen ist; und zwar mit niemand anderem als seinem Polizeikollegen Harald. Obwohl Montag ihm körperlich deutlich unterlegen ist, lässt er es sich nicht nehmen, seinem Kollegen eine Tracht Prügel verabreichen zu wollen; anders herum wird jedoch ein Schuh draus, denn letztendlich bezieht Montag die Prügel. Fakt ist aber, dass er es war, der die Handgreiflichkeiten begonnen hat und das ist eigentlich Grund genug, ihn vom Dienst zu suspendieren.

Sein Glück, dass gerade von der KFI 1 Hannover ein Hilfegesuch eingetroffen ist, für das eine Cold Cases-Gruppe benötigt wird. Im Toten Moor, in der Nähe des Steinhuder Meeres, wurde von einem älteren Ehepaar eine Leiche entdeckt. Im Zusammenhang mit dem Fund dieser Leiche, die nicht älter als ein bis zwei Tage sein kann, wurden im Moor 2 PKW mit insgesamt 5 Leichen gefunden, deren Tod/Verschwinden jedoch mindestens bis in die 1970er oder 1980er Jahre zurückreichen muss.

Kurzerhand wird die „Cold Cases Unit Niedersachsen“ gegründet, die aus (nur) zwei Personen besteht, nämlich Kriminalhauptkommissar Herbert Montag und Effi Lu, einer frisch verbeamteten Kollegin mit asiatischer Abstammung, die der Kriminalfachinspektion 1 in Hannover bei der Aufklärung dieses Falles Amtshilfe leisten wird.

Schnell wird klar, dass es zwischen der frischen Leiche und den 5 anderen, jahrzehntealten, Leichen einen Zusammenhang geben muss, denn der junge Mann war mit Hilfe eines Anglersonars auf der Suche nach etwas, was er in diesem Moor zu finden glaubte. Die Tatsache, dass sein Tod durch eine Kugel im Kopf herbeigeführt wurde, weist darauf hin, dass er nicht einfach bei seiner Suche verunglückt und infolgedessen verstorben ist, sondern, dass jemand ihn von seiner Suche abhalten möchte, um jeden Preis.

Für Montag und seine Kollegin Effi Lu bedeutet das, dass sie mit den Kolleginnen und Kollegen der „Soko Moorleiche“ zusammenarbeiten müssen, deren Leiterin Karen Austerlitz ist, die Frau, die Montag vor 15 Jahren wegen seiner aktuellen (gerade entschwundenen) Frau verlassen hat.

[Ironie an] Na dann, auf gute Zusammenarbeit![Ironie aus]

Die Autorin Eva-Maria Silber hat einen Kriminalroman konstruiert, dessen Plot mir sehr gut gefällt. Eine frische Leiche und fünf weitere Leichen, die schon seit Jahrzehnten in diesem Moor verborgen waren – und zwischen beiden Fällen gibt es einen Zusammenhang. Die Umsetzung der Geschichte hat mich leider jedoch nicht so ganz erreichen können, was ich sehr schade finde.

Kommissar Montag ist – in meinen Augen – der Unsympath schlechthin. Er lässt ungern eine Möglichkeit aus mit irgend einer Frau ins Bett zu steigen (aktuell: seine Pensionswirtin), zudem knallt er sich mehr als einmal nachts mit Alkohol die Birne zu und ist am nächsten Tag verkatert, was dazu führt, dass die Ermittlungen hauptsächlich in den Händen von Effi Lu liegen. Über diese Kollegin denkt er anfangs sehr geringschätzig – bis er ihre Anwesenheit schmerzlich zu schätzen lernt.

Monday mag vielleicht ein guter Ermittler sein, menschlich kann ich überhaupt nichts mit ihm anfangen.

Effi Lu, seine Kollegin, wird allgemein unterschätzt bzw. gerne mal übersehen. Sie hat mit 1,63 m Körpergröße gerade so die Mindestgröße für den Polizeidienst erreicht, trägt eine sehr starke Brille und ist eher zurückhaltend, weswegen ihr die Kollegen in Hannover – allen voran Karen Austerlitz – überhaupt nichts zutrauen. Was aber niemand weiß ist, dass Effi die deutsche Staatsbürgerschaft hat, 5 Sprachen fließend spricht und den Bachelor an der Polizeiakademie als Jahrgangsbeste abgeschlossen hat. Sie hat einen messerscharfen Verstand und nicht zuletzt ihrem Wirken ist es zu verdanken, dass dieser Fall aufgeklärt werden kann.

Karen Austerlitz, die Verflossene von KHK Montag, hat es sich (und ihren Kollegen) angewöhnt, ihren Ex mit „Monday“ anzusprechen und sobald er in ihrem Dunstkreis auftaucht, pfeift sie (und ihre Kollegen) die Melodie von „I don’t like Mondays“ – ein Lied der Boomtown Rats aus dem Jahr 1979. Zu Beginn fand ich diese Idee ziemlich originell und witzig, im weiteren Verlauf der Geschichte artet das ganze regelrecht in (nervendes) Mobbing aus. Zum Ende der Geschichte wandelt sich das Lied dann auch noch in „Monday, Monday, so good to me“ – ein Lied von The Mamas & The Papas aus den 1966er Jahren. Auch sonst wirft Austerlitz der Cold Cases-Unit jede Menge Steine in den Weg. Man könnte glauben, sie hat ein persönliches Interesse daran, dass Montag und seine Kollegin keine Ermittlungsergebnisse vorweisen können. Eigentlich sollten sie zusammen arbeiten um beide Fälle aufzuklären, was leider nicht der Fall ist.

Die Ermittlungen fanden in einem extrem heißen Sommer statt, aber es hätte nicht permanent der Erwähnung bedurft, dass Montag immerzu vollkommen durchgeschwitzt ist – im Gegensatz zu Effi Lu, der die Hitze überhaupt nichts auszumachen scheint, weil sie immer aussieht wie frisch aus der Dusche.

Die Entdeckung und Dingfestmachung des Täters erfolgte in einer dramatischen Aktion, die ich teilweise als ein wenig „drüber“ empfunden habe.

Dass ich das Buch zu Ende gelesen habe, lag zum einen am wirklich guten Schreibstil der Autorin und zum anderen an der Tatsache, dass ich wissen wollte, wer die 6 Personen umgebracht hat und warum. Ganz sicher lag es aber nicht daran, dass mir die handelnden Personen sympathisch gewesen wären.