Rezension

Mozarts Geschichte aus dem Todestrakt

Seelen unter dem Eis - Astrid Korten

Seelen unter dem Eis
von Astrid Korten

Meine Meinung

 

Ich habe in dieses Buch nur mal kurz hineinlesen wollen, da ich gerade in ein anderes Buch vertieft war. Da hab ich aber nicht mit dem Sog gerechnet, den diese Geschichte auf mich ausübt. Ich habe es in einem Rutsch durchgelesen. Dazu nun mehr.

 

Satz: Mein Name ist Tom Döbbe, aber innerhalb der Mauern vom Paradies nennen sie mich Mozart, seit ich in der ersten Woche in der gefühlsarmen Leere des Innenhofs meine Runden gedreht und dabei ständig das Allegro aus Eine kleine Nachtmusik gepfiffen habe.

 

Aus der Sicht von Tom erleben wir den Alltag im Todestrakt. (Paradies) Nüchtern erzählt er uns, wie es so weit mit ihm kommen konnte. Wie ein Mann, der im Leben alles hat, innerhalb kürzester Zeit in einer kleinen Zelle landet und auf seinen Tod wartet.

Tom verdient viel Geld als Werbemacher. Zum Ausgleich unterrichtet er Studenten. Die blutjunge Amal besitzt kein Talent. Hübsch ist sie auch nicht. Bei einer Auseinandersetzung mit Tom weint sie. Er wischt ihr eine von schwarzer Tusche verschmierte Träne vom Gesicht und leckt sie ab. Beginnt mit ihr eine Affäre. Wird von ihr regelrecht abhängig. Baut ein Lügennetz auf, um sich mit ihr zu treffen.

Seine Frau Helene verhält sich so kalt wie ein Eisschrank. Kommt mit ihrem unerfüllten Kinderwunsch nicht klar. Lässt Tom seine Bedürfnisse an ihr befriedigen, ohne sich emotional daran zu beteiligen. Warum auch? Wenn sie eh nicht schwanger wird.

Tom verkraftet den Tod seiner Mutter nicht. Sein Vater ist ihm keine große Hilfe, um mit seiner Trauer klar zu kommen. Sein Vater findet schon sehr bald wieder eine neue Frau. Verstreut ständig Zitate.

 

Zufriedenheit ist der Anfang von Unzufriedenheit. (Seite 47)

 

Der Titel dieses Thrillers ist sehr passend. Ich habe beim Lesen eisige Kälte verspürt. Die Protagonisten haben fast alle eine sehr sonderbares Wesen. In dieser Geschichte läuft kaum einer rund. Das Leben im Todestrakt ist sehr bildlich beschrieben. Tom träumt oft von Menschen aus seinem früheren Leben. Er nennt sie *Zeitwanderer!* Tom ist ein sehr egoistischer Mann. Hat stets die Menschen geblendet und für seine Zwecke benutzt. Besonders sein Verhalten  Amal gegenüber ist einfach nur krank. Immer wieder betont er, wie hässlich sie ist. Immer wieder beschreibt er, wie er ihr verfallen ist. Das eine oder andere mal habe ich Amal bedauert. Dann wieder an ihrem Verstand gezweifelt.

Der Schreibstil ist sehr schön und flüssig zu lesen. Er wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Schon als kleiner Junge zeigte Tom einen Hang zur Brutalität. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Als Mann bevorzugt er jedoch lieber psychische Gewalt. Lässt Amal spüren, was er von ihrem Äußeren hält.

 

Nichts passte an ihr zusammen, als hätte sie irgendein Dämon aus den Teilen verschiedener Frauen zusammengeflickt. (Seite 196)

 

Stellenweise ist Toms Oberflächlichkeit durch nichts zu überbieten. Dennoch konnte ich das Verhalten von sämtlichen Besuchern im Todestrakt nicht verstehen. Keiner brachte Tom Mitgefühl entgegen. Obwohl ich keine Sympathie für Tom entwickeln konnte, tat er mir unheimlich leid. Meinem ärgsten Feind würde ich keine Todesstrafe wünschen. Sie gehört ganz einfach nur abgeschafft!

Fazit

Gute 270 Seiten lang lief mein Kopfkino auf Hochtouren. Dennoch sprengt der Gedanke, in einer kleinen Zelle auf den Tod zu warten, meine Vorstellungskraft. Der bildgewaltige Schreibstil unterstreicht die Authentizität der Protagonisten. Der Leser wird mit einem Ende konfrontiert, welches unmöglich vorher zu erahnen ist. Der Weg dort hin ist absolut spannend. Dieser gut durchdachte Thriller kommt ohne großes Blutvergießen aus. Das Drama beginnt mit einer schwarzen Träne …..

Danke Astrid Korten. Ich habe jedes einzelne Wort genossen.