Rezension

Nett unterhalten aber doch recht enttäuscht

Brüder - Jackie Thomae

Brüder
von Jackie Thomae

Bewertet mit 3 Sternen

Zwiegespalten wie das Buch bin auch ich nach der Lektüre.

Einerseits fühlte ich mich über weite Strecken gut und angenehm unterhalten, Mick und Gabriel – gemeinsam mit Fleur und Albert als seine Kernfamilie – über Jahre und teils Jahrzehnte zu begleiten. Ihre Leben so wie die Figuren selbst sind sehr unterschiedlich, und ein drogenkonsumierender Clubbesitzer und ein verschrobener „Stararchitekt“ – warum auch mit weniger zufriedengeben – bieten ausreichend Erzählstoff, gewürzt mit schrägen Begegnungen, nicht immer vorhersehbaren Wendungen und auch der einen oder anderen Szene mit einem gewissen Ekelfaktor zur Unterhaltung.

Doch andererseits gleicht das, was die Leserin und der Leser bekommen, einem großen Potpourri – von allem und für jede und jeden ist etwas dabei – ein wahrer Gemischtwarenladen der in der deutschen Literatur der Nachwendezeit großen Themen: Ost und West, arm und reich, Patchwork- und klassische Familienverhältnisse und natürlich und vor allem schwarz und weiß, oder: People of Color und indigene Europäerinnen und Europäer.

Tiefgang kann so nicht aufkommen, die Themen werden an der Oberfläche angerissen, teilweise alle auf einmal. Und worauf die Geschichte hinauslaufen soll, ist für mich leider bis zum Schluss auch nicht erkennbar. Das Plotten erscheint mir gewollt, am Ende ist mir zu viel zu gut – ein Aufgehen im Wohlgefallen muss schon zur Geschichte passen und nicht nur die Leserin und den Leser zufriedenstellen wollen.

Zufriedenheit war dann auch nicht das, womit ich das Buch nach langen über 500 Seiten letztendlich aus der Hand gelegt habe – eher eine gewisse Enttäuschung und die Überzeugung, dass die Autorin hier wohl zu viel gewollt und zu wenig umgesetzt hat.