Rezension

Nöliger Mutmacher!

Esst euer Eis auf, sonst gibt's keine Pommes - Katja Zimmermann

Esst euer Eis auf, sonst gibt's keine Pommes
von Katja Zimmermann

Bewertet mit 3 Sternen

Obwohl alleinerziehend ist Katja Zimmermann in einer privilegierten Ausgangslage, sie hat keinerlei finanziellen Probleme. Deshalb fällt es mir schwer, sie zu bedauern. Also: ich bedauere sie nicht!

Bisschen nölig und Humor ist nicht.
Katja Zimmermann ist alleinerziehend mit zweieiigen Zwillingen. Von Anfang an, weil ihr Lebensgefährte Jonas als sie ihm von ihrer Schwangerschaft berichtet, lässig meint, das müsse sie alleine machen, weil er sich gerade für seine Jugendliebe Cheryl entschieden hätte. Schlechtes Timing, führwahr!

Nach dem ersten Kapitel, in dem die Familie sich zum 10ten Geburtstag der Zwillinge im Café des Fernsehturms trifft, und alles so aussieht, als wären sie eine „gewöhnliche“ Familie, es aber nicht sind, könnte man eine recht witzige Story erwarten. Ist es nicht. Denn im zweiten Kapitel setzt ein Rückblick ein, ein sehr ausufernder und dieser Rückblick ist die Story. Basta.

Ein Erfahrungsbericht also. Nun gut. Aber kein humoriger. Den Humor muss man mit der Lupe suchen. Trotzdem kann ich mich zunächst einigermassen für den Alltag mit quirligen Kindern interessieren. Und nähere mich durchaus empathisch den besonderen Schwierigkeiten einer Ein-Eltern-Familie. Doch bewertet die Autorin beinahe Nonstop ihre, ach so verständnislose Umwelt, beklagt nölig gesellschaftliche Missstände und hat ihrerseits so überhaupt kein Verständnis für die Nöte anderer Familien, da ja ihre Situation die allerungerechteste auf Erden ist. Ich übertreibe ein winziges bisschen, aber tatsächlich habe ich als Haupttenor „Ich-beklage-mich, man-ist-ungerecht-mir-gegenüber" und "habe-ich-nichts-Besseres-verdient“ im Ohr. Obwohl sie häufig betont, dass es schließlich doch ein Glück sei mit Nele und Luis zu leben, auch „allein“, bleibt einem der nölige Unterton der Autorin unangenehm im Ohr. Humor habe ich höchstens im Sinne von Sarkasmus und, natürlich gewollten und legitimen, Überspitzungen vernommen.

Tatsache ist, dass Frauen als Ganzes betrachtet, in unserer Gesellschaft sehr wohl benachteiligt werden, dafür sind Alleinerziehende sicherlich ein Beispiel. Aber nur eines von vielen. Andererseits hat sich auch viel getan und ist unsere Gesellschaft auch wieder nicht so schlecht. Anderes ist eben einfach Schicksal. So wie eben vieles Schicksal ist. Dass man eine Frau ist, dass man ein Mann ist, dass man ein Behinderter ist oder dass die Firma pleite geht. Sich darüber zu beklagen ist so müsig!

Gut ist das Buch sicherlich für andere Betroffene, als Mutmacher. Deshalb hat die Autorin auch Kurzvitas mehrerer Alleinerziehender eingeflochten. Für mich ist nicht auszumachen, was das Buch in erster Linie will: sich beklagen oder helfen.

Fazit: Bisschen nölig, aber für Betroffene sicherlich hilfreich.

Kategorie: Unterhaltung
Verlag: Ullstein, 2017