Rezension

Nolas zweiter Fall - atmosphärisch dicht und komplex

Die stille Braut - Barbara Wendelken

Die stille Braut
von Barbara Wendelken

Bewertet mit 5 Sternen

"Die Stille Braut" ist der zweite Fall für Oberkommissarin Nola van Heerden, die für die Kripo Leer ermittelt. Die Fälle sind in sich abgeschlossen, so dass man den Krimi auch ohne Vorwissen lesen kann, da mir der erste Fall aber so gut gefallen hat und man die Protagonisten einfach noch besser kennenlernt, empfehle ich "Das Dorf der Lügen" vorher zu lesen.

Zwei Monate sind seit dem letzten Fall vergangen, als am Kreihenmeer bei Martinsfehn die Leiche einer jungen Frau gefunden wird. In einem weißen Kleid, mit Rosenblättern geschmückt, Kerzen drumherum, so wurde ihre Leiche nahe beim See drapiert. Keiner scheint die junge Frau zu kennen, doch für Renke Nordmann, den Revierleiter aus Martinsfehn genügt ein Blick in ihr Gesicht, um sie zu erkennen. Vier Jahre zuvor hatte er in dem Vermißtenfall erfolglos ermittelt. Damals war die 16jährige Leona Sieverding aus einer Schule für Gehörlose verschwunden, ihr Fall nie aufgeklärt. Aus persönlichen Gründen konnte Renke damals nicht alle Energie in den Fall stecken, er befürchtet Spuren übersehen zu haben.

Renke und Nola müssen bei diesem Fall zusammenarbeiten, die Stimmung zwischen den beiden ist angespannt. Als feststeht dass Leona eines natürlichen Todes gestorben ist stellt sich die Frage, wo sie die letzten Jahre verbracht hat. Die Ermittlungen laufen an, Nola ermittelt im damaligen Umfeld der Schülerin und bald zeigt sich, dass es vor vier Jahren Vorgänge an der Schule gab, denen keiner Beachtung geschenkt hat.

Wieder ist es Barbara Wendelken wunderbar gelungen, einen atmosphärisch dichten, komplexen Fall aufzubauen, der in dem kleinen fiktiven ostfriesischen Dorf Martinsfehn  und Umgebung spielt. Alte Bekannte aus dem ersten Teil bekommen wieder eine Rolle, so z. B. Charlie der Kneipenwirt, Renke und seine Kollegen. Aber auch einige neue Charaktere finden sich an, wobei mir Renkes schrullige Tante Meta, die ihre Nachbarn und ihre Umgebung akribisch beobachtet, besonders gefallen hat. Ihre Hinweise sind für die Polizei von großem Nutzen.

Die Protagonisten haben Tiefe, sind detailliert beschrieben und wirken authentisch, ich konnte mich sehr gut in die einzelnen Personen hinein versetzen, habe diesmal vor allem mit Renke mitgelitten. Denn neben den Ermittlungen spielt die Privatsphäre von Nola und Renke eine größere Rolle, im ersten Teil kamen sich Nola und Renke näher, doch die Atmosphäre zwischen den beiden ist diesmal sehr angespannt.

Der Fall ist verzwickt, die Autorin legt falsche Fährten und führt ihre Leser in Sackgassen. Ich konnte wunderbar miträtseln, eigene Überlegungen anstellen, hatte in einer Hinsicht einen Verdacht, der sich gegen Ende erhärtete. Die große Überraschung ist der Autorin dennoch gelungen! Hier möchte ich nicht zu viel verraten, aber mit dieser Auflösung hätte ich nicht gerechnet. Die Spannung steigt kontinuierlich an und gipfelt in einem Showdown. Ich hatte Kopfkino und das Buch in kurzer Zeit inhaliert, was neben der spannenden Handlung auch am anspruchsvollen Schreibstil lag.

Fazit: Ich war vom ersten Teil begeistert, aber die Fortsetzung kann den ersten Teil sogar noch toppen. Ein wunderbar atmosphärischer Krimi mit einer komplexen Handlung, den ich allen Krimifans nur wärmstens empfehlen kann.