Rezension

Norwegische Familienbande

Das Geheimnis der Fjordinsel - Christine Kabus

Das Geheimnis der Fjordinsel
von Christine Kabus

Bewertet mit 5 Sternen

1980 Ostfriesland. Rike steht als junge Frau ihren Mann, denn sie arbeitet auf einem Schlepper und wünscht sich nichts mehr, als es ihrem Opa Fiete gleich zu tun und endlich Schlepperkapitänin zu werden. Schließlich ist sie bei ihm aufgewachsen, da ihre Mutter Beate lieber auf Kreuzfahrtschiffen in der Welt herum gondelte, als sich um ihre Tochter zu kümmern. So ist Opa derjenige, der ihr in allen Belangen Rückhalt gibt. Dann stirbt Fiete plötzlich, der Verlust reißt ein tiefes Loch in Rikes Herz. In dem Haus, das sie von ihm geerbt hat, stößt Rike auf alte, noch ungelesene Briefe ihrer Großmutter Johanne an Mutter Beate. Der jüngste Brief ist erst 5 Jahre alt, was Rike verwirrt, denn sie glaubte immer, dass ihre Oma tot ist. Anscheinend hat Johanne aber vor Jahrzehnten Mann und Tochter verlassen und ist in ihre Heimat Norwegen zurückgekehrt. Rike ist neugierig und will ihre Großmutter unbedingt kennenlernen. Deshalb reicht sie Urlaub ein und reist nach Norwegen, um sie zu suchen…

Mit ihrem neuen Roman „Das Geheimnis der Fjordinsel“ ist Christine Kabus wieder ein wunderbar fesselnder historischer Roman vor traumhafter Kulisse gelungen, dessen flüssiger und bildhafter Schreibstil den Leser schon mit den ersten Zeilen packt und in die Geschichte regelrecht hineinsaugt, wo er sich an der Seite von Rike in der Gegenwart und an der von Johanne in der Vergangenheit ab 1926 niederlässt, um das Schicksal beider Frauen mitzuerleben. Kabus‘ Liebe und Kenntnisse der skandinavischen Ländern blitzt bei den herrlichen Beschreibungen der Landschaft immer wieder hervor und überträgt sich automatisch auf den Leser, der großartige Bilder vor Augen hat, während er die Handlung an sich vorbeiziehen lässt und dabei Land und Leute durch die Erzählung der Autorin kennenlernt. Durch die wechselnden Perspektiven und Zeitzonen entwickelt sich eine unterschwellige Spannung, denn es gilt Geheimnisse aufzudecken und Ungereimtheiten in der Familiengeschichte auszuräumen. Stück für Stück gleich einer kunstvollen Quiltarbeit weiht die Autorin den Leser in das Familiengefüge und die Geschicke der Protagonistinnen ein, die ein starkes Frauenbild abgeben, sowohl in der Vergangenheit als auch im Hier und Jetzt. Dabei webt sie Themen wie Schmuggelei und Prohibition ein und verpackt diese sehr unterhaltsam und spannend.

Die Charaktere sind lebendig und mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet, so dass sie dem Leser mit ihrer Individualität und Glaubwürdigkeit schnell ans Herz wachsen. Aufgrund der schnell aufgebauten Nähe zu ihnen fällt ein Mitfühlen und –fiebern nicht schwer. Rike ist eine junge selbstbewusste Frau, die weiß, was sie will. Sie besitzt eine gesunde Neugier, ist offen, freundlich und hilfsbereit. Das Verhältnis zu ihrer Mutter Beate ist fast nicht vorhanden, ebenso wie das zwischen Beate und Johanne. Beate ist unterkühlt und wenig zugänglich, was bei manchen Dingen verständlich ist, trotzdem wirkt sie wenig sympathisch. Johanne ist ebenfalls eine starke und mutige Frau, die sich vielen Widrigkeiten stellen und sich allein durchboxen musste. Dabei steht sie wie Rieke als Frau ihren Mann. Aber auch Leif, Rolf und Sven bringen einigen Unterhaltungswert und Spannungsmomente in die Geschichte.

„Das Geheimnis der Fjordinsel“ aus der Feder von Christine Kabus ist wieder ein Pageturner der besonderen Art. Eine geheimnisvolle und spannende Familiengeschichte kombiniert mit etwas Romantik sowie jeder Menge toller Landschaftsbilder und historischem Hintergrund sorgen für beste Unterhaltung und haben eine Leseempfehlung mehr als verdient! Absoluter Lesegenuss!