Rezension

Raus aus der Alterseinsamkeit

Weit weg ist anders - Sarah Schmidt

Weit weg ist anders
von Sarah Schmidt

Bewertet mit 5 Sternen

Zwei 70jährige Frauen, die grantige, stets sehr direkte und das Alleinsein liebende Berlinerin Edith Scholz und die weinerlich veranlagte, esoterische, manipulationsfreudige Christel Jacobi lernen sich in der Reha kennen. Freundinnen werden sie nicht grade und lassen in der Gedankenwelt ihrer Abneigung gegenüber der anderen nur zu gerne freien Lauf. Dennoch folgt Edith einer Einladung Christels in deren Heimatstadt Husum. Was Edith nicht weiß ist, dass die unheilbar kranke Christel die Besucherin als Mittel zum Zweck einsetzt, um mit ihr eine letzte Reise antreten zu können, die zur Bewährungsprobe der sich allmählich doch entwickelnden zarten Freundschaft wird.

 

Obwohl die Geschichte immer wieder ernste Themen behandelt – Altersgebrechlichkeit, Krankheit, Einsamkeit, das bevormundet werden im Alter – ist ihr Grundton alles andere als ernst. Das wird schon auf den ersten Seiten offensichtlich, als recht humorvoll der folgenschwere Sturz von Edith Scholz in ihrer Wohnung beschrieben wird. Später bereitet es dann immer wieder Vergnügen, die sich im Kopf der beiden alten Damen abspielenden lästernden Gedanken zu lesen, die an der jeweils anderen kein gutes Haar lassen. Dass sich trotzdem ganz allmählich so etwas wie Freundschaft zwischen den grundverschiedenen Frauen entwickelt, ist umso schöner. Schade nur, dass diese Episode aufgrund äußerer tragischer Umstände so kurz bleiben muss. Obwohl die Geschichte kein Happy End hat, stößt man sich hieran nicht. Ein anderes Ende hätte wohl eher unrealistisch gewirkt. Neben den beiden Protagonistinnen sind auch die Nebenfiguren gelungen dargestellt – vor allem der auf ihm eigene Art einsame Briefträger und der „Witwentröster“. Ein schönes Detail, das allen Bücherfreunden gefallen wird, ist, dass den belesenen Protagonistinnen einige literarische Zitate in den Mund gelegt werden, z.B. „Sturheit ist die Energie der Dummen“ von Mark Twain (S. 226).

 

Dieses Buch kann ich wärmstens empfehlen.