Rezension

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Rosinenbomber und Nachkriegsliebe im geteilten Berlin

Die Kinder der Luftbrücke -

Die Kinder der Luftbrücke
von Juliana Weinberg

Bewertet mit 3.5 Sternen

Entbehrungen in der Nachkriegszeit zur Zeit der Währungsreform und der Berliner Luftbrücke sind der historische Mantel der Liebesgeschichte zwischen einer jungen deutschen Übersetzerin und einem US-Piloten in Juliana Weinbergs "Die Kinder der Luftbrücke". Nora lebt mit ihren beiden Kindern und ihrer Mutter und Schwester im amerikanischen Sektor von Berlin - für Nachkriegsverhältnisse hat sie es also gut getroffen, umso mehr, als sie einen Job als Übersetzerin auf dem Berliner Flughafen Tempelhof bei der amerikanischen Militärverwaltung bekommt.

Noras Mann ist seit Jahren vermisst, Nachforschungen beim Roten Kreuz haben nichts ergeben, ob er irgendwo in Kriegsgefangenschaft ist oder längst nicht mehr lebt. Vor allem Noras achtjährige Tochter Veronika idealisiert den abwesenden Vater, an den sie nur noch vage Erinnerungen hat, während Nora allmählich die Hoffnung aufgibt. Und nicht nur das - mit dem US-Piloten Matthew hat sie schon bald einen aufmerksamen Verehrer und ist hin und her gerissen zwischen Pflichtgefühl und Emotionen.

Als die sowjetische Militärverwaltung alle Transportwege nach West-Berlin und die Kraftwerksverbindungen aus dem Ostteil der Stadt kappt, befindet sich Nora plötzlich an einem Ort, an dem Geschichte geschrieben wird, protokolliert sie doch die Sitzungen mit dem Berliner Regierenden Bürgermeister Reuter ("Völker der Welt, schaut auf diese Stadt...!") und den Alliierten, die zunächst bereit scheinen, die Stadt ihrem Schicksal zu überlassen. Doch dann: Luftbrücke, Rosinenbomber und die Hoffnung, auch in Berlin vom Aufschwung im Westen zu profitieren, wenn die D-Mark auch dort wie von Zauberhand Mangelware in die Regale der Geschäfte zaubert. Auch historische Figuren wie der Pilot Halvorsen, der mit seinen Fallschirmen mit Süßigkeiten zum Liebling Berliner Kinder wurde und noch in hohem Alter immer wieder nach Berlin kam,  werden beschrieben.

Für mich am spannendsten sind an diesem Buch die Krisengespräche, denen Nora als stumme und mitschreibende Zeugin beiwohnt. Da hat die Autorin offenbar gut recherchiert, auch die aufgeheizte Stimmung der Zeit wird spürbar. Die irgendwie recht vorhersehbare Liebesgeschichte dürfte romantische Leserinnen-Herzen erfreuen.  Vieles wie der Umgang mit der NS-Vergangenheit, dem immer noch vorhandenen Gedankengut des Dritten Reichs und das Leben in der geteilten Stadt außerhalb des US-Sektors ist nur angerissen. Und auch der Zickenkrieg im Schreibbüro nach dem Motto "Wer angelt sich den besten Amerikaner" hätte ruhig weniger ausführlich ausfallen können.

Dennoch leicht zu lesen und eher leichte Unterhaltung bei allem historischen Drama.