Rezension

Schwarz und Weiß

Ex-Wife -

Ex-Wife
von Ursula Parrott

Bewertet mit 3.5 Sternen

„Eine Ex-Frau ist eine junge Frau, für die die Ewigkeit, die man sich bei der Trauung geschworen hat, auf drei, fünf oder acht Jahre zusammenschnurrt.“

„Ex Wife“ ist ein Roman von Ursula Parrott, übersetzt von Tilda Engel. Er erschien erstmals 1929 und wurde 2024 vom Fischerverlag neu aufgelegt.

Voran möchte ich eine Triggerwarnung stellen, denn Missbrauch wird im Roman mindestens angedeutet und auch Schwangerschaftsabbruch wird thematisiert.

Patricia ist 24 Jahre alt, als ihr Mann sie verlässt. Warum? Das wissen eigentlich beide nicht so genau. Daher ist Patricia auch überzeugt: Peter wird zu ihr zurückkommen. Sie muss nur durchhalten. Durchhalten als „Exfrau“ in der 20er Jahren? Gar nicht so unangenehm, wie es auf den ersten Blick scheint. New York ist bereit für ein neues Frauenbild und tatsächlich findet Patricia sich in ihrer neuen Rolle schnell zurecht. Sie arbeitet hart, verdient gut und kann sich plötzlich alles leisten, was zuvor nicht möglich war. Das New Yorker Nachtleben wird von ihr und ihrer Freundin Lucia entdeckt, Abenteuer werden erlebt und alles scheint prima.

Wenn nicht immer noch der Wunsch nach Peter da wäre, wenn nicht die misogynen Machtstrukturen weiter vorgeben würden, was Frauen dürfen und was nicht. Wenn ein „Nein“ akzeptiert würde und wenn nicht Patricia selbst davon überzeugt wäre, dass ihr recht freizügiges Leben für eine Frau nicht angemessen ist. Und trotzdem kämpft sie sich durch. Sie erkämpft sich einen Platz in der Gesellschaft, hat drei Freunde, einen Feind und einen Liebhaber…

Der Roman ist aus der Ich-Perspektive geschrieben und wechselt am Anfang zwischen Präsenz und Vergangenheit. Später wird er nur noch rückblickend aus der Ich-Perspektive erzählt. Der Schreibstil ist dabei eher ungewohnt und sperrig. Patricias Gedanken sind oft wirr und mir fiel es zum Teil schwer, ihre Gedankensprünge nachzuvollziehen. Auch wechseln die Zeiten, von denen sie erzählt ab und zu, womit ich ebenfalls nicht so gut zurechtgekommen bin. Insgesamt ist auch der Sprachstil in der wörtlichen Rede ungewohnt und fremd. Ich hatte oft das Gefühl, den Inhalt des Gesagten zwar zu verstehen, ihn aber eigentlich doch nicht zu verstehen. Vielleicht ist mir dadurch auch einiges an Kontext verloren gegangen.

Nichtsdestotrotz ist Ex Wife auf seine Art ein spannender Roman. Wir begleiten Patricia auf ihrem Weg von der frisch verlassenen Frau zu einer ingesamt unabhängigen jungen Frau, die ihr Leben lebt. Dabei wirkt sie auf mich aber nur in wenigen Momenten wirklich glücklich. Die restliche Zeit hofft sie, dass Peter zurückkommt oder verurteilt sich selber für ihren Lebensstil. Sie tut Dinge, weil sie nicht „nein“ sagen kann oder zu höflich ist, ihre eigenen Wünsche durchzusetzen.

Obwohl das Frauenbild in den 20er Jahren bereits im Wandel war und moderner wurde, beherrschten die klassischen Rollenbilder noch immer enorm die Gedanken und das Handeln der Menschen. Selbst Patricia und ihre Freundin Lucia, die in einer ähnlichen Situation wie Patricia ist, glauben nicht daran, dass sie als Frau ohne Ehemann zurechtkommen. Sie sehnen sich nach Beständigkeit und Sicherheit, die sie in ihren Augen nur mit einem Mann erreichen können. Erschreckend daran ist vor allem, dass manche Gedanken und Handlungen auch heutzutage, wo sich das Rollenbild drastisch geändert haben sollte, immer noch den Alltag beherrschen. Noch immer werden Frauen nicht als „vollständig“ angesehen, wenn sie alleine durchs Leben gehen und wie oft wird die Partnersuche und Familiengründung als DAS Ziel im Leben angesehen? Wie schwer haben es Frauen immer noch in einer männerdominierten Welt und wie oft wird ein „Nein“ nicht akzeptiert?

Mein Fazit: Obwohl der Roman nun also schon fast 100 Jahre alt ist, sind grundlegende Inhalte noch immer zeitgemäß. Ich habe mich mit dem Lesen leider sehr schwergetan, der Schreibstil lag mir nicht und ich konnte der Handlung nicht gut folgen. Trotzdem hat mich Ex Wife überrascht und gerade die Wendungen am Romanende hätte ich nicht erwartet. Das Ende bleibt offen, aber die Welt ist bekanntlich klein und so denke ich mir einfach, wie es wohl weitergeht…

Von mir gibt es daher insgesamt 3,5 von 5 Sternen. Ich empfehle den Roman durchaus, gerade wenn man gerne Literatur über Frauen und entsprechende Rollenbilder liest. Man sollte sich aber auf den ungewohnten Schreibstil einstellen und sich vielleicht einfach darauf einlassen!