Rezension

Schwer zu bewerten

Die Vertraute -

Die Vertraute
von Gilly Macmillan

Bewertet mit 4 Sternen

Es fällt mir wirklich schwer, Gilly Macmillans neuen Roman „Die Vertraute“ zu benoten. 90 % des Buches fand ich super. Die Autorin hält die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite sehr hoch. Die Kapitel sind kurz und man kommt schnell in einen Leserausch, zusätzlich ist der Schreibstil sehr bildhaft und atmosphärisch. In meinem Kopf entstanden nicht nur die Umgebung und die Charaktere, ich entwickelte zusätzlich auch noch am laufenden Band neue Theorien. Die Geschichte ist undurchsichtig und perfekt zum miträtseln. 
Lucy war schon immer ein einsamer Mensch. Seit sie ein Kind ist, spricht sie mit ihrer imaginären Freundin und auch jetzt, als Erwachsene, ist Eliza ihre tägliche Begleiterin, sie hat sie sogar zur Hauptfigur in ihrer erfolgreichen Krimiserie gemacht. Von ihren Mitmenschen wird Lucy häufig ausgenutzt, allen voran von ihrem Mann Dan, einem unfassbar schrecklichen Menschen, der der sie nur mit Geringschätzung behandelt. 
Ich mochte Lucy trotz all der Probleme, die sich im Verlauf der Geschichte herauskristallisieren und trotz der vielen Verdächtigungen, die gegen sie im Raum stehen. Mir war sie sympathisch und ich wünschte mir, dass sie zumindest einen netten Menschen in ihrem Leben hätte. Es hat mich traurig gemacht, wie sie von jeden, sei es einer ehemaligen Vermieterin oder den neuen Nachbarn behandelt wurde. 
Als Lucy 9 Jahre alt war, ist ihr Bruder Teddy bei einem nächtlichen Ausflug verschwunden. Ein Ereignis, von dem sie sich nie erholt hat, welches sie allerdings erfolgreich verdrängen konnte. 
Doch jetzt, zurück an dem Ort des Geschehens, lässt die Vergangenheit sie nicht mehr los. Sie versucht, sich ihren Erinnerungen zu stellen um Teddy endlich zu finden. 
Gilly Macmillan spielt gekonnt mit dem Leser. Kann man Lucy trauen oder nicht? Sie deutet mehrere Möglichkeiten an und meine Nerven waren gespannt wie Drahtseile. Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, musste unbedingt wissen, wie es ausgeht. 
Ich war mir sicher, dass ich den Roman mit 5 Sternen bewerten werde. Dann dann – ich habe keine Ahnung was die Autorin geritten hat – lässt sie die Spannung, die sie Seite für Seite immer weiter aufgebaut hat, einfach verpuffen. Zur Vermeidung von Spoilern kann ich mich leider nicht besonders ausführlich zum Manko des Buches äußern außer, dass der Schluss zutiefst unbefriedigend ist und es im Grunde sinnlos macht,  „Die Vertraute“ überhaupt zu lesen. 
Einfach schade und für mich nicht nachvollziehbar, warum sich Gilly Macmillan zu dieser Fahrt an die Wand entschieden hat. 
Trotzdem gebe ich in der Gesamtwertung 4 Sterne, weil ich bis zum fatalen Ende gut unterhalten wurde.