Rezension

So muss ein historischer Roman sein!

Die Henkerstochter - Oliver Pötzsch

Die Henkerstochter
von Oliver Pötzsch

Bewertet mit 5 Sternen

Schongau um 1650: Kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg wird im bayrischen Schongau ein sterbender Junge aus der Lech gezogen. Eine Tätowierung deutet auf Hexenwerk hin. Sofort wird die Hebamme des Ortes beschuldigt. Der Henker Jakob Kuisl soll die peinliche Befragung durchführen und ein Geständnis erreichen. Doch er ist von der Unschuld der Frau überzeugt. Gemeinsam mit seiner Tochter Magdalena und dem Stadtmedicus Simon sucht er den wahren Täter.

Dieser Roman ist fesselnd geschrieben und hat einen Hintergrund, der gut recherchiert wurde. Vor dem Hintergrund der Arbeit eines Henkers entwickelt sich im Buch ein echter Krimi vor historischem Hintergrund.

Eine besonders authentische Darstellung macht dieses Buch so besonders.
Hier wird eine zeitgemäße und ortsansässige Sprache angewendet,
die auch vor vulgären Reden nicht haltmacht.
Auch die Tatsache wird deutlich, dass Frauen, in diesem Fall die Tochter des Henkers, früher gegen ihren Willen vom Vater verheiratet wurden.
Im Roman kommen Waisenkinder um, die zur damaligen Zeit zwar von fremden Familien aufgenommen wurden, aber nicht gleichberechtigte Kinder waren, sondern häufig nur zusätzliche Arbeitskräfte.

Zur damaligen Zeit waren Hexenverbrennungen auch ein probates Mittel, die Bevölkerung zu beruhigen. Denn das ungebildete Volk war abergläubig und erhoffte sich Besserung der Lebensumstände nach der Verbrennung. Die Hexen mussten herhalten für Morde, Hungersnöte, die oft Folgen von Kriegen waren und anderen Taten der Obrigen.

Hier werden Schauplätze und Protagonisten bildreich beschrieben und sie haben eine charakterliche Tiefe, die schlichtweg begeistert.
Die Grausamkeiten der Folter werden zwar erklärt, aber nicht in detaillierter Form beschrieben. Trotzdem erschreckt man als Leser und nimmt Anteil am Schicksal der inhaftierten und angeklagten Hebamme Martha.
Damals waren Handelsrouten wichtige Wirtschaftsfaktoren und mussten mit allen Mitteln erhalten und verteidigt werden. Auch diese Tatsache wird im Roman deutlich.
Natürlich darf auch ein wenig Liebe nicht fehlen, in diesem Fall ist es die nicht standesgemäße Verbindung zwischen der Henkerstochter und dem Medicus Simon.

Der Scharfrichter Jakob Kuisl war ein echter Vorfahr des Autors. Dieser Tatsache verdanken wir auch dieses Buch über den Henker.

Dies ist ein ausgezeichneter historischer Roman, dem es an Authenzität nicht mangelt. Die krimimäßige Komponente macht die Sache erst richtig spannend. Die Fortsetzungen sind schon geschrieben und reizen mich, denn der Erzählstil des Autors hat einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen.